Koksprozess: Angeklagter ordert Drogen
Wachmann konfisziert Zettel mit geheimer Botschaft während der Verhandlung vor dem Landgericht.
Krefeld. Kaum zu glauben, aber wahr: Koksbestellung im Koksprozess! In der Verhandlung vor dem Landgericht gegen acht Angeklagte wegen diverser Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz litt das jüngste und wohnsitzlose Bandenmitglied (21) offenbar an Drogenentzug.
Der wie alle anderen Angeklagten aus der Haft vorgeführte Türke versuchte in der Mittagspause bei einem im Zuhörerraum anwesenden Bekannten einen Zettel mit einer Drogenbestellung los zu werden. Die Betäubungsmittel sollten bei einem am Prozess beteiligten Anwalt hinterlegt werden.
Einer der Justiz-Wachmänner bemerkte die Übergabe der heimlichen Botschaft, konfiszierte den Kassiber und reichte ihn der Richterin der ersten großen Strafkammer, Gudrun Rebell, weiter. Diese machte aus ihrem Herzen keine Mördergrube und herrschte den Angeklagten an: "Sie scheinen sie nicht mehr alle zu haben. Obwohl Sie unter Bewährung stehen, begehen Sie im Prozess eine weitere Straftat. Das wird Folgen haben."
Der Kokain-Bande wird vorgeworfen, zwischen Januar und Juni 2008 Betäubungsmittel aus Holland in großem Stil eingeführt und damit einen schwungvollen Handel getrieben zu haben. Ein Großteil der Abnehmer sollen Prostituierte in Saunaclubs, Eroscentern in Krefeld und dem ganzen Niederrhein gewesen sein. Für ihre Geschäfte trafen die Angeklagten mittels SMS über ein Arbeitshandy logistische Absprachen und mieteten in Krefeld Depotwohnungen an, wo das Kokain gestreckt, portioniert, gebunkert und auch verkauft wurde.
Als Zeuge kam am Montag ein polizeilicher Ermittlungsbeamter zur Auswertung und Übersetzung der Telefonüberwachungen als Zeuge zu Wort. Alle Gespräche seien konspirativ geführt worden, dabei sei das Wort "Kokain" nie ausdrücklich genannt worden. Ferner ergaben die ausgewerteten Geo - und Zeitdaten, dass die Abverkäufe auf alle Personen verteilt waren.
Häufiger Treffpunkt für alle Angeklagten sei ein türkischer Kulturverein an der Neuen Linner Straße gewesen. Dorthin wurden auch Abnehmer bestellt. Offen blieb, ob es sich bei den Übergaben mit dem niederländischen Kurier um Kompensationsgeschäfte oder Barzahlungen gehandelt hatte. Fortsetzung ist am 16. März.