Ein völlig indiskreter Lauschangriff
Choreographie von Barbara Fuchs erinnert an die Abhöraffäre um den Nuklearexperten Klaus Traube.
Krefeld. „Lauschaffäre Winkler“ — so der Titel des letzten der drei Gastspiele, die das Festival Tanz NRW 11 in die Fabrik Heeder brachte. Da denken Ältere an die Lauschaffäre Traube, die 1977 bekannt wurde, eine Abhöraktion des Bundesverfassungsschutzes gegen den Nuklearexperten Klaus Traube. Sie verlief in der Sache ergebnislos, aber wegen ihrer Illegalität kostete sie den damaligen Innenminister Werner Maihofer das Amt.
Choreographin Barbara Fuchs und Komponist Jörg Ritzenhoff haben sich das Konzept ausgedacht, die Tänzerin Erika Winkler gibt das Objekt des künstlerischen Lauschangriffs.
Bevor Winkler auftritt, legen Fuchs und Ritzenhoff letzte Hand an die Überwachungseinrichtung auf der Bühne. Zahlreiche Mikrofone werden um eine Spielfläche aus Gummimatten herum eingerichtet. Schließlich nehmen die „Abhörer“ rechts und links an Tischen Platz, auf denen eine Reihe von Laptops und weitere Gerätschaften stehen.
Winkler spielt sich aus dem Rücken der Zuschauer in den Bühnenraum. Sie hat sehr lang wirkende Gliedmaßen, ist überdies ziemlich hager und sehr beweglich. Das nutzt sie, um mit extremen Beugungen und Streckungen Körperbilder zu entwerfen, die vom Menschlichen wegweisen. Der Sinn dahinter bleibt verborgen.
Genauso wenig wird die Spielsituation zwischen Lauschpersonal und der Tänzerin klar. Sieht die Akteurin die Lauscher oder nicht? Soll man sich hier also die Heimlichkeit einer Überwachung vorstellen?
Einmal streicht sich Winkler über die Beine, dieses Geräusch wird deutlich verstärkt. Ansonsten schickt Ritzenhoff die meisten Klänge, die er aus dem Raum fischt, gleich durch seine Apparaturen, manipuliert sie zu elektronischen Sounds. Hier wird mehr beschallt als belauscht.
Vom Tonband kommt der Mitschnitt eines Telefonats, vermutlich spricht hier Winkler. Später hört man ein Statement der Tänzerin zu ihrer Arbeitsweise. Diese Einspielungen hängen mehr oder weniger mit dem Bühnengeschehen zusammen.
Letztlich bleibt der Bezug zur „Lauschaffäre Traube“ unklar, die im Programm — übrigens mit falscher Schreibweise des Namens („Trauber“) — genannt wird. Genauso bleibt unklar, welche Haltung die Akteure einnehmen. Wollen sie die Bedrohtheit der Privatsphäre in unserer Zeit thematisieren? Mehr als die Behauptung dieser Bedrohung wird weder akustisch noch optisch transportiert.
Ein inhaltlich wie dramaturgisch unbefriedigender Abend.