Wolkenreste im Lärmgewitter
Das Trio Rangda stellt eine Wand aus Musik in die Kulturrampe.
Krefeld. Zuerst stellt die tödliche Hexe eine Wand auf die Bühne. Eine Wand aus Lärm. Undurchdringlich. Laut. Ein unentwirrbares Knäuel aus Sounds, Tönen, Jaulen, Trommelwirbeln. Die überwiegende Mehrheit der Hexengäste sind Männer, darunter die meisten mittleren Alters.
Sie nehmen Haltung an vor der Wand. Stehen etwas breitbeinig da, haben die Hände in den Hosentaschen versenkt, recken kaum merklich die Köpfe in Richtung Bühne, wo die Hexe ihr Unwesen treibt. Bis es genauso abrupt endet, wie es angefangen hat. Das erste Stück des Konzerts mit dem US-Trio Rangda in der Kulturrampe ist überstanden.
Rangda ist eine tödliche Hexe aus der balinesischen Mythologie: So nennt sich auch die Band des Art-Rock-, Noise-, Underground-, Avantgarde-Gitarreros Richard Bishop, der sich selbst zum Sir ernannt hat. Michael Stahl hat ihn für seine Unrock Series in die Kulturrampe eingeladen. Er gibt dort sein einziges Deutschlandkonzert während der aktuellen Europatour.
Bishop spielt eine halbakustische Gibson-Gitarre, sein Kollege Ben Chasny eine Fender-Telecaster mit Vollholzkörper, ein reines Brett also. Die Gibson klingt heller, Chasny und seine Telecaster haben die Aufgabe, das Donnergrollen in den Soundgewittern Rangdas zu liefern. Bishop lässt dazu die Blitze zucken, einschlagen, krachen. Chris Corsano wirbelt fast die ganze Zeit wie ein Tornado über seine Trommeln, sonst würde man ihn auch kaum wahrnehmen.
Gewitter an. Gewitter aus. Es gibt Stücke, die bestehen aus nicht mehr. Es donnert los. Pause. Dann donnert es weiter. Die Lautstärke in der kleinen Kulturrampe ist unglaublich. Wer hier keine Ohrenstopfen trägt, ist selbst schuld.
Aber es gibt noch mehr als den Lärm. Manchmal setzt es aus, das Peitschen der Saiten. Manchmal verirren sich fragile, schwer atmende, traurige Melodien in das Fluchen der Hexe, als erinnere sie sich wehmütig an längst vergangene Zeiten, an die Müdigkeit eines Morgens nach schlafloser Nacht, an zerfetzte Wolkenreste nach einem Sturm. Dafür konnte man dankbar sein. Den Rest musste man aushalten. Die meisten schafften das.