Der Athlet der leisen Töne

Olympia-Serie: Christoph Lohse ist mit Talent gesegnet und macht Jagd auf die Norm für Peking

Krefeld. Christoph Lohse ist ein Athlet der leisen Töne, der große Auftritt liegt ihm nicht. Doch mit einem großen Lauftalent gesegnet, gilt der 24-jährige Krefelder seit wenigen Monaten als heißer Olympiakandidat. Selbst viele Insider der Deutschen Leichtathletik hatten den 1,91 m großen Mittelstreckler bis zum Februar nicht auf der Rechnung. Im Pekinger Olympiastadion will Lohse nun seinen großen Traum mit einem Start über 1500 Meter verwirklichen.

Ab sofort ist die Jagd auf die Olympianorm eröffnet. "Ich bin gut vorbereitet, doch ich muss gleich zweimal die Norm erfüllen. Da muss alles passen. Die Form, das Tempo, das Wetter und was sonst noch dazwischen kommen kann”, blickt der drahtige Läufer, der einst auf der Hubert-Houben Sportanlage am Appellweg das Leichtathletik-Einmaleins bei den Krefelder Preussen erlernte, auf sein Wettkampfprogramm.

Mit 3:35,5 Minuten und 3:36,3 Minuten hat der DLV zwei Normzeiten vorgegeben, an denen sich Lohse ab 30. Mai, voraussichtlich in Dessau, die Zähne ausbeißen darf, die aber auch eine Finalteilnahme in Peking ermöglichen sollen.

Der Sprung in die Deutsche Nationalmannschaft begann im vergangenen Jahr nach seinem Wechsel zum Wattenscheider Trainer Tono Kirschbaum und einem fulminanten Lauf im August, als er beim internationalen Meeting in Wattenscheid mit einer Steigerung auf 3:38,90 Minuten aufhorchen ließ. Im Februar steigerte Lohse seine Hallenbestzeit von 3:45 Minuten auf 3:39,80 Minuten und qualifizierte sich damit völlig überraschend für die Hallen-Weltmeisterschaften im spanischen Valencia. Im Kampf mit der internationalen Creme de la Creme kam Lohse, der am Fischelner MSM-Gymnasiums sein Abitur baute, nicht über den Vorlauf hinaus. "Das war meine Feuertaufe. Viele internationale Rennen habe ich auf der Bahn ja noch nicht bestritten”, gilt der Krefelder in der Szene als Spätstarter mit großem Potenzial.

Sechs lange Wochen verbrachte der Student, der einmal Lehrer für Biologie und Sport werden möchte, bis vergangenene Woche im amerikanischen Höhentrainingslager in Flagstaff und legte dort die Grundlage für seinen olympischen Traum. Auf über 2000 Höhenmeter zog der Deutsche Leichtathletik Verband seine 30 Athleten starke Läufergarde in Arizona in einem Intensivtrainingslager zusammen. "Wenn man so hoch hinaus will, darf man nichts dem Zufall überlassen”, geht der einstige Schützling des Krefelder Meistertrainers Werner Niersmann absolut professionell an die Saisonvorbereitung heran.

Dem musste sich auch Preussen Krefelds Abteilungsleiter Rolf Klupsch unterordnen. Bei den 48. Hubert Houben Spielen, dem traditionsreichen Schülerwettkampf der Preussen, sollte Lohse die Siegerehrung der zukünftigen Olympioniken vornehmen. Doch erst, nachdem er einen 15 Kilometer-Trainingslauf durch den Krefelder Stadtwald abgespult hatte, wo Lohse ebenso gern seine Runden zieht wie im Forstwald. Dort wurde er nach seinen Siegen bei den Silvesterläufen als "König vom Forstwald” gekürt. Am Pfingstmontag stellt sich Lohse selbstverständlich in den Dienst einer guten Sache und gibt als Laufpate beim Krefelder Pfingstlauf über 10 Kilometer im Stadtwald das Tempo vor.