Bilanz Mehr Kinder verunglücken im Straßenverkehr

Krefeld · Die Zahl stieg 2019 auf 100 Verletzte. Darunter sind viele Kinder, die nicht richtig Radfahren können.

Hundert Kinder waren 2019 in Verkehrsunfälle in Krefeld verwickelt.

Foto: dpa-tmn/Uwe Anspach

Im vergangenen Jahr sind in Krefeld wieder mehr Kinder bis 14 Jahre Opfer von Unfällen geworden: Tote gab es nicht, aber 100 wurden im Straßenverkehr bei 89 Zusammenstößen verletzt. Es ist der höchste Wert seit 2009 in der Statistik und ein deutliches Plus im Vergleich zum Vorjahr, als mit 73 verletzten Mädchen und Jungen ein Rekordwert erreicht wurde seit Beginn des Gemeinschaftsprojektes „Fairkehr“ von Polizei, Verkehrswacht und Stadt in 1999. Als „sehr traurig“ bezeichnete Michael Hülsmann aus dem Fachbereich Verkehrsplanung diese Zahlen. Er gehört zu den Mitgründern der Initiative vor 21 Jahren, die die Unfallzahlen mit Kindern senken wollten. Damals lag das Niveau noch weit über dem heutigen: 169 Kinder wurden 1999 verletzt, bis heute der Höchstwert. „Wir sind aber noch immer auf einem guten Weg“, bilanziert Hülsmann.

Betroffen seien vor allem die Innenstadt und Fischeln. Auch in Uerdingen gab es mehrere Unfälle. Einen lokalen Schwerpunkt, zum Beispiel eine besondere Kreuzung oder Straße, aber ließe sich in der Analyse nicht herausstellen, sagt Torsten Pempelfort aus der Direktion Verkehr der Polizei: „Viele Unfälle passieren im Innenstadtbereich. Da ist eben auch viel Leben. Es gibt aber nicht die eine Stelle.“ In 68 Prozent der Fälle waren die Kinder aktiv am Geschehen beteiligt, das heißt, sie lenkten ein Fahrrad oder waren zu Fuß unterwegs. In den restlichen Fällen kamen sie als als Beifahrer zu Schaden. 16-mal wurden Kinder schwer verletzt, mussten im Krankenhaus behandeln lassen.

34 Kinder, die Rad fuhren, gehörten 2019 zu den Opfern, genauso viele wie Fußgänger. 25-mal saßen sie mit im Auto als es krachte. Auf dem Schulweg verunglückten 24 von ihnen, elf mehr als im Vorjahr. Zwei Kinder wurden verletzt als sie bei Rot über die Ampel gingen. Unvorsichtiges Betreten der Fahrbahn war in 23 Fällen der Grund für den Unfall, das Fahren in falscher Richtung elfmal. Vor allem in den Stoßzeiten am Morgen (7 bis 8 Uhr) oder am Nachmittag (16 bis 17 Uhr) traten gehäuft Unfälle auf, zudem in den Monaten Mai, Juni und Juli und November, dem Beginn der dunklen Jahreszeit.

Die Stadt Krefeld will eine Kooperation mit der Universität Wuppertal eingehen, um das Mobilitätsverhalten von Kindern noch besser zu erforschen. Hans Hamestuk aus dem Planungsamt sagt: „Die Mission Zero ist wohl unmöglich. Kinder sind eben keine Erwachsenen. Dass nur wenige Kinder jedoch richtig Radfahren können, ist ein Armutszeugnis.“

Dieses Thema beschäftigt auch  Joachim Wichmann, Vorsitzender der Verkehrswacht: „Ich bin besorgt über die Zunahme an Unfällen. Vor allem, dass Kinder auch als Fußgänger mehr verunglücken. Sorge bereitet mir auch die Entwicklung, dass Kinder in der vierten Klasse entweder nicht an Fahrrad-Prüfungen teilnehmen oder sie dann nicht bestehen.“ Gleicher Meinung war auch Verena Fischer, Verkehrsdirektorin der Polizei: „Es fehlt manchen Kindern an motorischen Fähigkeiten, ein Rad zu fahren. Wenn sie sich dann auf das Fahren konzentrieren sollen, haben sie oft kein Auge für die Verkehrsregeln. Da müssen wir auch an die Eltern appellieren. Für Schulen ist das Beibringen nicht machbar.“

Denn der Verkehr in der Stadt nehme zu. Norbert Goertz-Gorr aus dem Fachbereich Straßenverkehr verwies auf die Zahlen: Seit 2013 seien elf Prozent mehr Fahrzeuge in Krefeld zugelassen, allein 2,5 Prozent mehr als 2018. Ende 2019 wurden schon mehr als 148 000 angemeldete Fahrzeuge gezählt. Eine Forderung nach Maßnahmen gegen zu hohe Geschwindigkeit von Autos oder Lkw in der Innenstadt hält er nicht für notwendig: „Wir haben innerhalb der vier Wälle fast ausschließlich schon Tempo 30“, sagte Goertz-Gorr: „Wir blitzen dort, sind ständig mit unseren Messfahrzeugen unterwegs.“

Als Unfall-Vorbeugung geht die Initiative „Fairkehr“ an Schulen und Kindergärten auf die Kinder zu. Für Vorschulkinder gibt es Fußgängerurkunden. Die Polizei übt die Verkehrssicherheit an Kindergärten und Schulen und dann folgt die Fahrradprüfungen in der vierten Klasse.