Weihnachtsmarkt in Linn Zum Kaffee beim Linner Nikolaus
Linn · Georg Schicks (72) schlüpft seit 2011 auf dem Linner Weihnachtsmarkt in die Rolle des Heiligen Nikolaus.
Der Heilige Nikolaus öffnet selbst die Tür. Er ist in Zivil, aber am langen grau-weißen Bart und dem freundlichen Blick aus blauen Augen gut zu erkennen. „Ich werde auch außerhalb der Weihnachtszeit erkannt und angesprochen“, verrät der Nikolaus, der mit bürgerlichem Namen Georg Schicks heißt. Seit 2011 ist er auf dem Weihnachtsmarkt in Linn im Dienst, der in diesem Jahr wieder am zweiten Adventswochenende, 7. und 8. Dezember, stattfinden wird.
Wir gehen mit dem Nikolaus ins Wohnzimmer, wo natürlich Plätzchen und Kaffee schon warten. „Der Bart ist echt“, betont Georg Schicks nach dem ersten Schluck. Das war nicht immer so: Im ersten Jahr auf dem Weihnachtsmarkt musste er noch auf ein angeklebtes schneeweißes Exemplar zurückgreifen. Das hat dem Nikolaus aber nicht gefallen. Weshalb er sich den bis zu diesem Zeitpunkt kurz geschorenen Vollbart wachsen ließ. Rund ein Jahr hat es gedauert, bis er eine stattliche Länge erreicht hatte. Und auch heute wächst er noch.
Georg Schicks will motivieren und nicht verschrecken
Angst vor dem Mann mit dem langen Bart sollen die Kinder in Linn nicht haben. Einen Knecht Ruprecht, der mit der Kette rasselt, gibt es bei Georg Schick deshalb nicht. Er nimmt sich lieber viel Zeit für die Mädchen und Jungen, hört sich ihre Wünsche oder auch ein Dankeschön für die Geschenke an, die am Nikolausmorgen im Stiefel steckten. „Für mich ist diese Zeit mit den Kindern sehr wichtig.“
Besonders gerne hat er es, wenn sie ihm ein Weihnachtsgedicht aufsagen können. Als Belohnung gibt es dann eine Fotografie, die meist den Nikolaus und seine vier Helfer vor der Linner Burg zeigen.
Rund 140 dieser Karten werden in jedem Jahr verteilt – bei mehreren Hundert Kindern, die der Nikolaus auf seinem Rundgang über den Weihnachtsmarkt trifft. „Karten gibt es eben nur für ein Gedicht“, sagt der in diesem Punkt strenge Heilige Mann. Er hat es aber auch schon erlebt, dass ein Kind zunächst keine Verse aufsagen konnte, zwei Stunden später aber erneut auf dem Weihnachtsmarkt auftauchte – diesmal mit Gedicht. „Das fand ich super“, erzählt der Nikolaus mit glänzenden Augen.
Süßigkeiten, Nüsse und Mandarinen werden an alle Besucher freigebig verteilt. Für die Erwachsenen, die auf seinen Besuch oft ebenso sehnsüchtig warten wie die Kleinen, darf es auch schon mal ein Mon Cherie sein. „Ich will motivieren, nicht verschrecken“, betont der 72-Jährige und lächelt.
Seine Helfer sind die Engel Elisa und Nina sowie die Nachtwächter Manuel und Jonathan. Sie sind alle schon seit 2011 dabei – „Elisa war damals erst fünf Jahre alt“, erinnert sich Schicks. Doch gerade der Auftritt mit dem kleinen Mädchen habe vielen Kindern die Angst genommen.
Ein Kommerz-Weihnachtsmann im roten Mantel möchte Georg Schicks nicht sein. Er trägt vielmehr mit Stolz das traditionelle Bischofsgewand mit Stab, Ring, Mitra und Chormantel. In seinem Kleiderschrank sucht man es vergeblich: „Helmi Busch hat es vor Jahren selbst hergestellt und kümmert sich bis heute darum.“
Wie ist der zweifache Vater und fünffache Opa zu seiner Rolle als Nikolaus gekommen? „Mit Kindern konnte ich schon immer gut umgehen.“ Er ist außerdem bei den Landsknechten der Burg Linn aktiv – und da der Linner Schützenverein den Weihnachtsmarkt ausrichtet, wurde er 2011 gefragt, ob er nicht St. Nikolaus werden wolle. Der Rest ist bekannt.
Außerhalb des Weihnachtsmarktes schlüpft Georg Schicks nicht in seine Rolle – auch wenn er oft danach gefragt wird. Anfangs habe er noch einige zusätzliche Auftritte angenommen, berichtet er. Aber dort habe ihm die Zeit gefehlt, sich länger mit den Kindern zu beschäftigen. Sein jährlicher Dienst findet nun nur an zwei Tagen statt. Jeweils um 15 Uhr geht es los, bis 18 Uhr begleitet von den Engeln und Nachtwächtern, danach allein. „Auf den Stab verzichte ich dann, um für die Geschenke die Hände frei zu haben.“
Die Frage danach, welches Gedicht er selbst am liebsten hört, bringt den Nikolaus für einen Moment aus dem Konzept. Doch dann spricht er schon die berühmten Knecht-Ruprecht-Verse: „Von drauß vom Walde komm’ ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr...“