Freicorps: Bei diesen Männern sind die Waffen echt

30 Bockumer lassen Geschichte lebendig werden.

Krefeld. "So fängt man mit dem Hobby an - mit Zinnsoldaten", sagt Manfred Schouren und greift nach einer seiner Figuren in einem Regal. "Bei einigen kann man noch die Gebrauchsspuren sehen, wie Kinder damit gespielt haben." Der 61-Jährige stellt sie wieder zurück, in Reih und Glied mit all den anderen Soldaten. Zum Teil sind die kleinen Preußen und Franzosen schon 200 Jahre alt.

Zur Wende des 18. zum 19. Jahrhunderts, als der Niederrhein und Krefeld unter französischer Besatzung standen, entstand auch das Hobby von Manfred Schouren - das Nachstellen von Schlachten mit Menschen und nicht mit den Zinn-Kameraden. "Die gesamte Zeit der Napoleonischen Kriege fasziniert mich." Das Hobbyzimmer des 61-Jährigen ist voll gepackt mit Büchern, Bildern, Säbeln, mit allem, was sich um diese Ära dreht. An einem Schrank hängt eine, Schourens schwarze Uniform mit goldenen Knöpfen und roten Aufschlägen - die Uniform des Freicorps von Lützow. "Wir machen lebendige Bilder", beschreibt der 61-Jährige sein Hobby.

Seit 1970 gehört Schouren zu den Bockumer Schützen von 1611. Zusammen mit drei Vereinsmitgliedern gründete er 1998 das "Freicorps von Lützow Rheinland". "Es war geplant, nur bei Schützenfesten mitzumachen." Heute seien rund 90 Prozent historische Veranstaltungen, die sie zum Teil selbst organisieren.

Von derzeit 30 Mitgliedern tragen etwa 20 eine Uniform. Zu der Gruppe gehören auch Kinder. Sie stellen eben Kinder da, die im Lager spielen oder der Marketenderin helfen. Mit zehn, elf Jahren wird es für sie ernst. "Die Jungs fangen in dem Alter an zu trommeln." Dann ziehen sie als Trommler mit ins Feld. "Alle, die zu uns stoßen, interessiert die Geschichte", sagt Schouren. Einen "Spleen", ja den hätten sie schon, fügt er mit einem Lachen hinzu. "Wir könnten das auch zum Beruf machen, wenn es bezahlt würde. Wir könnten jedes Wochenende unterwegs sein."

Bei der Nachstellung der geschichtlichen Ereignisse sind Schouren und seine Mitstreiter bestrebt, sich an Originalen zu orientieren. "Es gibt nichts, es muss alles hergestellt werden." In Flensburg sitzt ein Gewandmeister, der Uniformen aus Baum- oder Schafswolle näht. Aus der Schweiz besorgten sie sich Tornister, die noch so ausschauen wie vor 200 Jahren. "Die Waffen sind echt. Das ist kein Spielzeug", sagt Schouren. Nach Originalen wurden diese angefertigt. Für die Waffen benötigen die Mitglieder eine Unbedenklichkeitserklärung von der Polizei. Und der Umgang mit Schwarzpulver muss in Lehrgängen eingeübt werden.

Die Schlachten-Darstellungen orientieren sich ebenfalls an den originalen Vorgaben. "Die Kriege wollen wir damit nicht verherrlichen, sondern auch zeigen, wie brutal sie waren", sagt Schouren. So finden sich bei den Schlachten-Nachstellungen auch Ärzte, die damals ohne Betäubung mit Beilen und Sägen Beine und Arme amputierten.