Gartenstadtschule: Hauptschule hat keine Lobby

Nur 16 Anmeldungen kann die Schule an der Breslauer Straße verbuchen. Aber die Schulform ist besser als ihr Ruf, sagen Schüler und Lehrer.

Krefeld. Die aktuellen Anmeldezahlen zu den Krefelder Gemeinschaftshauptschulen sind alarmierend. Vier von ihnen haben weniger als 20 Anmeldungen. Sogar über Schließungen wird nachgedacht. Darunter ist auch die städtische Gartenstadthauptschule an der Breslauer Straße. Einhellige Meinung dort: Der Schulträger muss so schnell wie möglich die Verunsicherung von Schülern, Lehrern und Eltern beenden.

"Es ist einfach frustrierend, wenn man so viel Mühe und Arbeit investiert und das Damoklesschwert der Schließung über uns schwebt", sagt die Lehrerin Gudrun Schumacher. Auch ihr Kollege Christoph Bönders, seit 30Jahren Hauptschullehrer, ist momentan arg verunsichert. "Wir wissen ja gar nicht, was nach dem Sommer auf uns zukommt."

"Wir sind doch jahrzehntelang mit der Drei-Zügigkeit gut gefahren", sagt Stefan Hentschel von der Schulpflegschaft. "Heutzutage hat ein Umdenken stattgefunden: Die schulische Ausbildung der Kinder gilt als Statussymbol, und somit ist die Hauptschule verpönt." Er schlägt vor, schon im Kindergarten den Talentschwerpunkt zu fördern und später nicht allein den Eltern die Schulwahl zu überlassen.

"Wir wissen nicht, wie es mit uns weitergeht", sagt Dominique Rath. Der 14-Jährige ist "sehr zufrieden" mit seiner Schule. "An solch relativ kleinen Hauptschulen ist die Förderung besser als an den teils riesigen Gesamtschulen." Wie seine Mitschüler Norman Ketelaer und Desirée Dülligen sieht er sich keineswegs benachteiligt gegenüber Gesamtschülern. "Man kommt hier gut mit. Wenn man sich anstrengt, kann man es schaffen", sagt Sabrina Müller (14).

Ute Stettien, ehemalige Leiterin der Grundschule in Gartenstadt, hat die Erfahrung gemacht, dass Eltern nur sehr schwer von der "ausgezeichneten Arbeit, die hier geleistet wird, zu überzeugen sind". Die Vorbehalte der Eltern sieht auch Renate Kratzer. "Ich habe es schon erlebt, dass Kinder eine Ecke vorher abgesetzt wurden, aus Scham, gesehen zu werden. Den Kindern dann Selbstvertrauen zu vermitteln, ist sehr schwer. Aber hier an der Hauptschule haben sie Zeit, sich ganz in Ruhe zu entwickeln. Die Hauptschule ist keine Einbahnstraße."

Die Tochter von Birgit Dillmann besucht die Hauptschule in Gartenstadt. "Ich war erst dagegen, sie an einer Hauptschule anzumelden. Heute bin ich froh und glücklich, dass sie auf diese Schule gekommen ist. Es wird hier alles aus ihr herausgeholt und sie wird gefördert." Und das Ziel der guten Schülerin soll letztlich das Abitur sein. Dennoch: Manchmal traue sie sich im Bekanntenkreis nicht zu sagen, welche Schulform ihre 14-Jährige besuche.

"Die Hauptschule ist von Beginn an benachteiligt und dann stigmatisiert worden", meint Hans Gerd Segerath, der ehemalige Schulleiter in Gartenstadt. Die Hauptschule als "Restschule" zu bezeichnen: "Davon haben wir uns nicht mehr erholt", so der Pädagoge. "Die Hauptschule hatte von Anfang an keine Lobby."

Hauptschüler haben gerade über ein Praktikum die Chance, einen Ausbildungplatz zu bekommen. "Und dort behaupten sie sich durchaus", weiß Lehrerin Ulrike Ziemer. Doch dazu gehört nicht nur Wissen, sondern auch Selbstvertrauen. "In der neunten und zehnten Klasse müssen wir schon daran arbeiten, ihnen zu vermitteln ,Ihr könnt was!’, auch wenn die Öffentlichkeit sagt, ihr kommt nur von der Hauptschule", sagt Anne Wierczimok, Sozialpädagogin der Schule.