Abflug ohne Rückkehr-Ticket
Theaterstück für Schüler greift das Thema Abschiebung auf.
Hochdahl. Polizeisirenen. Ein vietnamesisches Restaurant in Hamburg. Zwei Polizeibeamte stürmen durch die Eingangstür. „Ausweis und Arbeitspapiere. Sofort!“, rufen sie laut.
Die Szene könnte durchaus in der Realität passiert sein, sie gehört aber zum Stück „Abflug“, das im Rahmen der Neanderland Biennale gestern im Bürgerhaus Hochdahl vom Ensemble „Theater Stückwerk“ aus Bayern aufgeführt wurde: Melinas Familie flüchtete aus Togo, als sie zwei Jahre alt war.
15 Jahre lebt das Mädchen in Deutschland, als plötzlich alles ganz schnell geht: Abschiebung. Auch Raimou aus Ghana wird von einem Tag auf den anderen in sein Heimatland zurückgeschickt. Im Flugzeug nach Afrika treffen die beiden aufeinander.
Im Publikum saßen gestern rund 60 Schüler des Gymnasiums Hochdahl. Das schwierige Thema war vor dem Theaterbesuch im Unterricht besprochen worden. „Ich habe mit den Schülern über die Situation der Flüchtlinge auf Lampedusa diskutiert und erklärt, was eigentlich genau ein Asylantrag ist“, sagt Politiklehrerin Ileana Müller.
Schüler, die direkt von einer Abschiebung betroffen seien, sind nicht in den beiden neunten Klassen. Allerdings mussten einige Familien, wie Melinas Familie, aus ihren Heimatländern flüchten.
Amila Sefo (15) stammt aus Bosnien. Ihre Eltern kamen nach Deutschland, als der Krieg ausbrach. „Mein Vater flüchtete zunächst alleine, um eine Wohnung und einen Job zu besorgen. Meine Mutter kam dann nach.“
Eine Szene auf der Bühne erinnert sie stark an die eigene Familiengeschichte: Im Flugzeug erzählt Raimou, dass er in Ghana Wirtschaft studiert hat — in Deutschland landet er als Tellerwäscher in einem Restaurant. „Auch der Abschluss meiner Mutter wurde hier nicht anerkannt“, sagt Amila Sefo.
Nils Klaunick, der das Stück „Abflug“ bereits seit März 2009 mit seinen Kollegen Theresa Hanich und Dominik Burki deutschlandweit aufführt, erinnert sich auch an Tränen im Publikum. „Wir haben oft Zuschauer, denen selbst eine Abschiebung droht. Manche erzählen uns nach der Aufführung ihre eigene Geschichte.“