Umweltschutz in Erkrath Der lange Weg zur klimaneutralen Stadt
Erkrath · Erkrather sollen bis 2045 so leben, sich fortbewegen und produzieren, dass dadurch das Klima nicht weiter belastet wird. Wie das gelingen kann, ist unklar.
Der Rat hat die Stadt dazu verpflichtet, alle drei Jahre einen Bericht zur Energie- und Treibhausgasbilanz vorzulegen. Die aktuelle Bilanz zeigt die Entwicklung der Jahre 2019 bis 2021 und wurde jetzt im Umweltausschuss vorgestellt. Hintergrund: Der Ausstoß von Treibhausgasen in Erkrath soll bis 2030 um mindestens 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden, bis 2045 soll Treibhausgasneutralität erreicht werden.
Dies bedeutet, dass nur so viele Treibhausgase durch menschliche Aktivitäten freigesetzt werden, wie auf natürlichem oder technischem Weg wieder abgebaut werden können. Durch dieses Gleichgewicht soll die globale Durchschnittstemperatur stabilisiert werden. Alle Kommunen sind gefordert, einen Beitrag zu diesem Ziel und damit zu mehr Klimaschutz zu leisten. Doch es geht nur in Trippelschritten voran. So sind im Vergleich zu den Jahren 2018 und 2019 die Emissionen in Erkrath gerade einmal um zwei Prozent zurückgegangen, von 37 auf 39 Prozent.
„Es sollten aber 65 Prozent sein, die jetzt in sechs Jahren erreicht werden müssen“, hieß es von den Grünen, die sich mit der städtischen Umweltbilanz insgesamt unzufrieden zeigten – sei es bei der CO2-Bilanzierung, bei der Nachhaltigkeitsstrategie oder dem Abschneiden der Stadt beim European Energy Award.
In keinem Bereich komme Erkrath den Zielen entscheidend näher und es gebe auch keinen mit Zahlen hinterlegten Zeitplan, wie man die vom Stadtrat beschlossenen Ziele erreichen könne, kritisierte Grünen-Fraktionschef Peter Knitsch: „Wir schneiden schlecht ab beim Bauen und bei der Heizenergie.“ Weitere Kritikpunkte waren die in der CO2-Bilanzierung nicht berücksichtigten Bereiche Landwirtschaft und graue Energie (Umweltbelastung durch Konsumverhalten).
Uli Schimschock (fraktionslos) zeigte sich angesichts der Klimaziel-Debatte überzeugt: „Ohne konsequente Suffizienz kriegen wird das nicht hin. Wir müssen weg vom fossilen Wohlstand, müssen weniger verbrauchen, uns langsamer bewegen, das muss bei jeder politischen Entscheidung zur Maxime werden.“ Helmut Rohden (CDU) entgegnete: „Sollen wir jetzt alle weniger Fleisch essen und mehr radfahren? Das macht doch keiner“. Er mahnte allgemein mehr Realismus in der Klimaschutz-Debatte an.
Allein die Dekarbonisierung (Umstellung auf Kohlenstoff-Minderung) der jetzt in den Händen der Stadtwerke liegenden Fernwärme würde Erkrath eine jährliche CO2-Ersparnis von sieben bis neun Prozent bringen, stattdessen lasse man Blockheizkraftwerk-Module erneuern. Darüber hinaus nutze Erkrath seine Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Energie nicht, es könnten aber zwei, drei Windräder gebaut werden, meinte Osterwind. Rechne man den Covid-Effekt aus der Treibhausgasbilanz heraus – damals wurde in Privathaushalten deutlich mehr CO2 produziert und anschließend wieder erheblich weniger –, dann zeige sich, dass die Richtung in Erkrath noch nicht stimme.
Renate Späth (beratendes Ausschuss-Mitglied) fragte sich mit Blick auf die Treibhausgas-Debatte, wofür eine Kommune überhaupt Gegenkonzepte erarbeiten könne, bei den Privathaushalten werde es ja schwierig. Kristian Kuylaars, der den Fachbereich Umwelt- und Klimaschutz bei der Stadt leitet, stimmte ein: Das Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen um 65 Prozent herunterzufahren, beziehe sich schließlich auf die gesamte Kommune, also auch auf die privaten Haushalte. „Es geht nicht ohne Einstellungswandel bei Bürgern und Bürgerinnen“, bilanzierte Marc Göckeritz (Grüne), der den Umweltausschuss leitet.
Dass es viele Diskussionen, aber letztlich keine Lösung gab, liegt, was im Ausschuss unterschwellig anklang, wohl auch daran: Energie treibt den Alltag und die Wirtschaft an und kein Politiker möchte es sich letztlich mit Bürgern/Wählern und schon gar nicht mit dem Hauptsteuerzahler Wirtschaft durch unpopuläre Maßnahmen verscherzen.