Förderung auf höherem Stand
Vor 150 Jahren wurde der Vorläufer des Evangelischen Schulzentrums gegründet.
Hilden. „Man stellt sich nicht in den Vordergrund. Das heißt für mich evangelisch“, sagt Guedo Wandrey, Konrektor der Wilhelmine-Fliedner-Realschule. Dabei gäbe es in diesem Jahr durchaus einen Grund, diese Zurückhaltung aufzugeben: 1861 wurde in Hilden das evangelische „Lyceum“ gegründet, der Vorläufer des heutigen Schulzentrums an der Gerresheimer Straße 74.
„Das sind 150 Jahre Engagement für sozial Benachteiligte“, sagt Otmar Scholl, Leiter der Fliedner-Schule. Die Stärke des Schulzentrums bestehe darin, Schüler mit einem großen Spektrum unterschiedlicher Voraussetzungen fördern zu können. „Wir haben Kinder aus Israel, Boatpeople — also Flüchtlingskinder aus Vietnam — und dem Iran aufgenommen“, sagt Udo Kotthaus, Rektor des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums.
Das Zentrum sei für Kinder, die gern lernen wollen, sagt Internatsleiterin Tanja Leberer: „Lernen braucht Zeit. Das ganze Leben hier ist auf das Lernen getaktet.“ Einen gleichbleibenden Takt geben dabei kirchliche Elemente wie die Schulgottesdienste an, modernisiert wird hingegen beim Lehrtakt. Der Unterricht läuft in 60-Minuten-Einheiten. „Das ist in Amerika und Skandinavien schon lange üblich“, sagt Scholl.
Geprägt ist die Geschichte der evangelischen Schulen durch Wilhelmine Fliedner. Die Tochter des Gründers der Kaiserswerther Diakonie, Theodor Fliedner, nutzte ab 1861 ein Haus an der Mittelstraße als Schule für Töchter wohlhabender Familien.
Vier Jahre später folgte der Umzug in einen Neubau an der Gerresheimer Straße. Über die damals 30 Jahre alte erste Schulleiterin ist wenig bekannt. „Sie war sehr bescheiden. Ich glaube, es wäre ihr sogar unangenehm, dass die Schule heute nach ihr benannt ist“, sagt Sozialwissenschafts- und Religionslehrer Wandrey.
Das parkartige Grundstück — damals lag es inmitten von Feldern — bot Zugang zur Natur. Darauf legte Fliedner großen Wert. Zum „Haus Emmanuel“ mit hoher Backsteinfassade gehörte eine Turnhalle. „Das war innovative Förderung“, sagt Wandrey. Sport und Fremdsprachen waren damals für Mädchen nicht üblich.
„Schicken wir unsere Tochter überhaupt in eine weiterführende Schule?“ — das sei noch in den 1960er-Jahren eine typische Frage gewesen, schrieb der damalige Schuldirektor Karl Diedert in die Festschrift zum 100. Jubiläum. Der auf Bildern immer ernst blickende Pädagoge hatte das moderne Schulzentrum ab 1955 geleitet — nachdem in der Nazizeit der Betrieb verboten war.
Heute feiern die Schulen in einer Feststunde die Gründung: „Der Tag gehört den Ehemaligen“, sagt Scholl. Sogar 30 Schüler des Abiturjahrgangs 1961 werden erwartet. Im Juli folgen dann eine Projektwoche und das große Jubiläumsschulfest.