Wohnen in Hilden Wo Industrie auf Natur traf

Hilden · Neubau und Geschichte: Wo einst eine Maschinenfabrik stand, ziehen nun Familien ein.

An der Neumühle lag der sogenannte Stadtteich.

Foto: Stadtarchiv Hilden

(elk) Im Juni war der Keller fertig, danach ging es aber schnell in die Höhe: Binnen weniger Monate wurde am Kalstert 67-69 ein Neubau mit 18 Wohneinheiten hochgezogen. Von einer idealen Lage spricht der mit dem Projekt beauftragte Architekt Lucas Braecklein. Das Haus grenzt unmittelbar an das Schönholz an. Die insgesamt 36 Hektar große Heide ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen. In unmittelbarer Nähe zum vor wenigen Wochen fertiggestellten Neubau fließt die Itter durch einen alten Mischwald mit riesigen Buchen, knorrigen Eichen und schattenspendenden Pappeln.

Tatsächlich handelt es sich um einen für Hilden auch historisch bedeutsamen Ort. Zwischenzeitlich trug dieser den Namen „Königskotten“. Diese Bezeichnung gehe vermutlich auf einen früheren Besitzer zurück, schreibt das Rheinische Volksblatt in seiner Ausgabe vom 21. April 1921. Es sei jedenfalls der dritte Kotten im Hildener Stadtgebiet gewesen. Circa ab 1840 stand hier die Neumühle. In der Zeitung findet sich in einer Rückschau außerdem dieser Hinweis: „Es handelte sich um eine sogenannte Lohnmühle, wo als Bezahlung eine prozentuale Mehlabgabe entrichtet wurde.“ Später wurde hier dem Bericht zufolge von den Brüdern Klophaus eine Maschinenfabrik errichtet, die noch später von dem Fabrikanten Willy Lein aufgekauft wurde. So kam sie zu ihrem Namen: Leins Mühle. Sie wurde vor gut einem Vierteljahrhundert aufgegeben. Laut Klausel im Grundbuch habe es ein Flößerrecht gegeben, das den Eigentümer des Grundstücks dazu berechtigte, die Itter und den an den Kotten direkt angrenzenden Stauteich gewerblich mit einem Floß und Ruderbooten zu befahren, teilt Bauherr Mario Temmink mit.

Die direkte Nähe zur Itter brachte die Industrie jedenfalls ans Laufen: Mit aufgestautem Wasser soll Willy Lein vor 100 Jahren seinen eigenen Strom erzeugt haben, teilt Braecklein mit. Die Wasserkraft habe über den Antrieb eines Generators die Stromversorgung für die Maschinenfabrik gespeist, berichtet der Architekt. Die Idee nachhaltiger Energiegewinnung greift der Neubau auf: Das Gebäude holt sich über eine Solaranlage auf dem Dach den Strom aus der Natur.

Mit den Bauarbeiten ging es im April 2022 los. Im September vergangenen Jahres konnte der erste Eigentümer einziehen, der sich über dieses Panorama freuen darf: Über eine große Fensterfront öffnet sich dem Betrachter der Blick auf das angrenzende Naturschutzgebiet. Erste Verhandlungen über eine neue Nutzung des Geländes wurden bereits im Jahr 2013 geführt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch alte Industriegebäude auf dem Grundstück.

Die Bautätigkeiten am Kalstert sind noch nicht beendet. Voraussichtlich bis Ende dieses Jahres soll hier ein weiteres Mehrfamilienhaus entstehen.

(elk)