Demenz im Mittelpunkt

Erstmals informiert das Netzwerk Demenz neun Tage lang über die Erkrankung.

Monheim. Es begann damit, dass Willi Boltens Ehefrau immer wieder Sachen verlegte, sich an Gespräche nicht mehr erinnern konnte. Diagnose: Demenz. Die Krankheit nahm ihren Lauf. Das ist sechs Jahre her. Noch immer wird „seine Rosa“ zu Hause gepflegt. „Wir sind seit 55 Jahren verheiratet, da besteht eine Bindung, ein Mitgefühl“, sagt der 76-Jährige.

Doch seine Frau lebt längst in einer anderen Welt, in einer anderen Zeit. „Bilder aus den 1950er-Jahren werden als Gegenwart wahrgenommen. Da hilft keine Argumentation, kein Besuch auf dem Friedhof, kein Totenschein, um zu erklären, dass die Eltern nicht mehr leben“, sagt Bolten. „Man muss bis zu einer gewissen Grenzen einfach mitspielen. Ich habe nur Probleme damit, meine Frau anzulügen“, sagt er.

Willi Bolten musste lernen, mit der Krankheit seiner Frau umzugehen. Als die Diagnose feststand, informierte er sich bei Therapeuten, las Fachliteratur. Als in Monheim 2006 das Netzwerk Demenz ins Leben gerufen wurde, war Bolten einer der ersten, die Rat und Austausch suchten. „Für pflegende Angehörige ist es wichtig, Kraft und Ruhe im Austausch mit den anderen zu finden“, sagt Bolten. „Das Thema muss an die Öffentlichkeit. Jeder soll über die Krankheit Bescheid wissen.“

Aus diesem Grund wird es vom 10. bis 18. September erstmals eine Woche der Demenz geben. An ihr nehmen unter anderem Mitglieder aus dem ambulanten Bereich, aus verschiedenen Beratungsstellen unterschiedlicher Träger, aus stationären Einrichtungen, aus Selbsthilfegruppen und Wohlfahrtsverbänden teil.

Etwa 630 Menschen im Stadtgebiet leiden an Alzheimer oder einer anderen Demenzerkrankung. „Die Grauzone ist recht hoch. Es gibt viele Betroffene, bei denen keine Diagnose gestellt wird. Sie tauchen in der Statistik nicht auf“, sagt Sandra Blackburn von der Awo Sozialstation gGmbH. Und die Zahl der Erkrankten nimmt immer weiter zu, sind sich die Netzwerkteilnehmer sicher.

Die meisten Erkrankten leben zu Hause, viele müssen rund um die Uhr betreut werden. „Pflegende Angehörige benötigen oft dringend Unterstützung“, sagt Saskia Mandt, die die Organisation der Demenzwoche übernommen hat. Deshalb gibt es während der Woche im CBT-Wohnhaus Peter Hofer einen Oasentag mit Entspannungsübungen und einer kostenfreien Betreuung des dementen Angehörigen. „Aber Sinn der Woche ist es auch, dass Menschen ins Gespräch genommen werden, die sonst nicht mit dem Thema zu tun haben, aber beim Bäcker oder dem Frisör auf demente Menschen treffen. Je mehr sie über die Erkrankung wissen, desto besser können sie damit umgehen“, sagt Mandt.

„Ich kann nur jedem raten, der ein erstes Anzeichen wahrnimmt, sich umgehend beraten zu lassen“, sagt Willi Bolten. „Man gewinnt Zeit, mit dem geliebten Angehörigen weiter leben zu können.“