Ferienprogramm "Circus Leben": Flugversuch auf der Holzbank

Zum siebten Mal findet der Zirkus des Jugendamts statt. Dort lernen kleine Clowns, Artisten und Jongleure ihr Handwerk.

Baumberg. Yannis zieht seine Mütze in die Stirn, umklammert das Steuer und beugt sich vor. Er ist der Kapitän des Flugzeugs, seine Passagiere scheinen ihm jedoch nicht wirklich zu vertrauen. Zurecht, wie sich wenige Sekunden später herausstellt: „Hilfe. Wir stürzen ab!“ ruft der Zehnjährige, die Damen in seinem Rücken kreischen. Doch offensichtlich zu halbherzig.

„Stopp! Stopp! Stopp!“ wird die Schar von einer dunklen Männerstimme unterbrochen. „Das Ganze noch einmal von vorne. Ich habe euch nicht abgenommen, dass ihr wirklich Angst habt“, sagt Philipp Reich. Er leitet die Clown-Gruppe — und ist Perfektionist. Der Sketch soll sitzen, seine jungen Schauspieler auf der Holzbank sollen überzeugen. Und tatsächlich: Wenige Sekunden später tönt ein markerschütternder Schrei — die Nachwuchsclowns kreischen, als fürchteten sie um ihr Leben.

Zum siebten Mal läuft das Ferienprogramm „Circus-Leben“ des städtischen Jugendamts. Immer in der letzten Ferienwoche kommt der erlebnispädagogische Zirkus Soluna aus Mülheim mit seinem Kuppelzeit auf die Baumberger Bürgerwiese — die Plätze waren auch in diesem Jahr früh ausgebucht. Mehr als 100 Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren versuchen sich als Clown, Artist, Jongleur, Seiltänzer oder Zauberer. „Jedes Kind konnte zuerst einmal in jeden Workshop hineinschnuppern, dann entscheidet es sich für zwei“, sagt Melanie Knuppertz, freie Mitarbeiterin des Jugendamts. „Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr die Schüchternsten in wenigen Tagen plötzlich aus sich herauskommen“, sagt die 26-Jährige.

In fünf Zelten trainieren die Kindergruppen für ihre großen Auftritte im Kuppelzelt. „Anfangs ist das immer ein bisschen peinlich“, sagt Yannis: „Doch dann geht es schon.“ Schließlich ist er schon ein alter Hase im Zirkusgeschäft. „Ich bin schon zum vierten Mal dabei“, sagt er. „Und es macht immer wieder total viel Spaß.“ In die Clownrolle musste er sich aber erst noch einfinden. „Wenn die anderen dran sind, muss ich immer so sehr lachen, aber das kann ich natürlich nicht, wenn ich selbst im Sketch mitspiele. Da muss ich ernst bleiben.“

Das Kuppelzelt wird von der Feuergruppe belagert. Haarspitzen luken hinter dem dunkelroten Samtvorhang hervor. Dann setzt endlich die Musik ein. Jan und Lotta treten in die Manege, tunken einen Stab zunächst in einen Eimer mit Wundbenzin, dann entzünden sie die Spitze an einer Kerze. Vorsichtig streifen sie mit der Flamme ihre Unterarme. „Das kribbelt nur ein bisschen“, sagt Jan. Den Eltern daheim wird über das Programm aber nicht zu viel verraten. Sie sollen erst beim großen Auftritt verzaubern lassen.