Hilden: Der Otto aus der Trinkhalle
Jubiläum: Seit 40 Jahren führt Otto Hedrich den Kiosk am St. Josefs Krankenhaus – und hat viel zu erzählen.
Hilden. Irgendwie ist er immer in Bewegung, dreht dabei den Kopf, um aus dem kleinen Fenster vorbei an Zeitschriften, Weingummi und Bonbons zu schauen. "Ich will ja sehen, wenn die Kunden kommen", sagt Otto Hedrich. Die meisten kennt er seit Jahren. Dann legt er die Zeitung oder die Zigaretten schon mal zurecht. "Kostet sechs Mäuse - danke, see you later, bis später." Meist hat es die Kundschaft eilig. Groß ist sein Reich, die Trinkhalle am St. Josefs Krankenhaus, nicht gerade. Aber das passt. "Wissen Sie, als Kind wollte ich ja Lokführer werden. Wir wohnten am Bahnhof, da wünschten sich das alle Jungs", erinnert sich der 66-Jährige. Doch statt auf dem engen Führerstand der Lok landete er an der Theke des Kiosks.
Als die Schwiegereltern Hilfe brauchten, konnte er nicht Nein sagen. "Am 1. April 1969 habe ich den Laden übernommen." Der Hildener, der vorher im Matratzen-Geschäft seines Vaters arbeitete, lächelt. "Meine Frau war die treibende Kraft. Das ist ja überall so." Otto, der selbst sagt, "meinen Nachnamen kennt eh kaum einer", hat es nicht bereut. Viele, die als Kinder bei ihm für ein paar Pfennige Süßigkeiten kauften, kommen heute mit dem eigenen Nachwuchs. "Die habe ich aufwachsen sehen", sagt der ehemalige Fußballer des VfB.
Und obwohl er auch im Laden bedient, nutzen die meisten Besucher doch die Außentheke, weil’s schneller geht - ob es jetzt die Patienten oder Ärzte vom Krankenhaus, die Taxifahrer vom Stand um die Ecke oder die Schüler von der Bushaltestelle sind. In Hilden kennen ihn viele. Den typischen Kunden gebe es nicht, sagt Hedrich. Einen netten Spruch hat er immer parat. Für längere Gespräche bleibe aber selten Zeit. Wer einen Kummerkasten sucht, ist bei ihm falsch. "Da gibt’s aber ein paar Damen, die kommen immer von Hölzken auf Stöckchen", sagt er und lacht. Er sei ja nicht neugierig, "aber trotzdem bekomme ich alles mit hier im Umkreis".
Hedrich freut sich, dass es mit dem Bau des Ärztezentrums weitergeht. "Dann kommt wieder Leben in die Baustelle." Und ab Montag beginnt ja auch wieder die Schule. "Die Ferien sind immer eine Katastrophe", sagt der Hobby-Kegler, der einräumt, dass die Wirtschaftskrise auch im Kiosk angekommen ist. "Es gibt Leute, die immer eine Marke geraucht haben und jetzt ’ne preiswertere wollen oder ganz direkt sagen, ,gib mir doch den billigsten Tabak’." Hin und wieder gebe es auch Diebe. "Deshalb bin ich auch lieber mit zwei Leuten im Laden." Seit dem Tod seiner Frau hat er zwei Helfer.
Sein buchstäblich einschneidendstes Erlebnis hatte er vor Jahren. Der 66-Jährige zeigt eine kleine Narbe an seiner Hand. Heute sieht er es locker. "Ein junger Mann meinte, mich überfallen zu müssen, mit einem Messer in der Hand. Vorher hatte er sich noch brav angestellt und gewartet, bis er dran war." Den Möchtegern-Räuber hatte er schnell vertrieben. "Aber der Aufwand, den die Polizei dann betrieben hat...". Hedrich schüttelt den Kopf. Gefasst wurde der Täter nie, es blieb der einzige Überfall.