Hilden: Schießen wie die Samurai

Das etwas andere Bogenschießen: Ein japanischer Meister zeigt, worauf es beim Kyudo ankommt.

Hilden. Völlig fremd wirkt die Stille in der Turnhalle, als sich die neun Bogenschützen in einer Reihe positionieren. Unter ihnen ist auch Uta Scholl. Wie die anderen ist sie in ein traditionelles japanisches Gewand aus schwarzem und weißem Material gehüllt. Darunter verbergen sich ihre nackten Füße. Die Hildenerin ist hochkonzentriert. Dann spannt sie ihren Bogen, der viel größer zu sein scheint als sie selbst. Absolute Ruhe beherrscht ihren Körper.

Ihr Ziel - eine Scheibe von etwa 36 Zentimetern Durchmesser - wirkt aus gut 28 Metern Entfernung fast winzig. Dann schießt sie, nur einen Sekundenbruchteil später steckt der Pfeil bereits in der Scheibe. Getroffen.

Fast genauso wie die Samurai vor 500 Jahren gehen die Schützen des Kyudovereins Neandertal mit Pfeil und Bogen um. "Kyudo" ist japanisch und heißt "Der Weg des Bogens". Es ist nicht das typische Bogenschießen. Uta Scholl tritt nach ihrem Schuss erst einmal einige Schritte zurück und verneigt sich förmlich. Auch das gehört dazu.

Im Gegensatz zu anderen Schießsportarten verbirgt sich hinter der japanischen Waffenkunst eine extrem komplizierte Technik. Da wirken nicht nur physikalische Kräfte, wie der Schusswinkel und die Haltung des Körpers, sondern auch der Kopf spielt eine entscheidende Rolle. "Die Schützen müssen beim Schießen das Denken völlig ausblenden und die Bewegung fließen lassen", erklärt Reinhard Kollotzek, Vorsitzender des Kyudovereins Neandertal.

Fünf Jahre Grundlagen sind eine harte Geduldsprobe Der 57-jährige Polizeibeamte scheint die passende Freizeitbeschäftigung zu seinem Beruf gefunden zu haben. Gemeinsam mit 30 weiteren Bogenschützen präzisierte er in einem fünftägigen Seminar seine Schusstechnik in der Bezirkssportanlage Bandsbusch in Hilden. Und das unter den kritischen Augen des japanischen Trainers Akira Sato.

Anspannungen seiner Schüler erkennt er bereits auf den ersten Blick. "Stress und Nervosität ziehen die Muskeln zusammen, der Körper muss beim Kyudo aber völlig geöffnet werden", erklärt er. Ein wichtiger Bestandteil ist aber auch die Geduld. "Einfach den Bogen nehmen, schießen und es beherrschen geht nicht", sagt Kollotzek.

Allein schon drei bis fünf Jahre Grundlagentraining seien Pflicht, sagt er. Seit sieben Jahren übt Uta Scholten den Sport aus und hat auch schon einige Kyudo-Prüfungen hinter sich. Die 46-jährige Kunsthistorikerin weiß vor allem eines am Kyudo zu schätzen: "Hier wird kein Unterschied zwischen Männern und Frauen gemacht." Eine Geschlechtertrennung existiere auch bei den Wettbewerben nicht. "Beim Kyudo werde ich aus dem Alltag herausgezogen und kann mich ganz konzentriert mit mir selbst auseinandersetzen", sagt sie.