Langenfeld ist raus aus den Miesen: Eine Stadt feiert und lässt sich feiern
Bürgermeister Magnus Staehler wird in der „Stunde Null“ bejubelt. Langenfeld hat eine neue Hymne. Für den Bund der Steuerzahler ist die Stadt ein Vorbild.
Langenfeld. Freitag, 20.21 Uhr: Es ist vollbracht - Langenfeld ist nach 22 Jahren konsequenten Sparens als dritte Stadt Deutschlands mit mehr als 50 000 Einwohnern schuldenfrei.
Mit kleiner Verzögerung stehen hunderte jubelnder Langenfelder im Fest-Wintergarten auf dem Marktplatz im Regen goldener Lametta-Schnipsel. Aus den Boxen dröhnt der Refrain des Ohrwurms von "Atomic Kitten" zur Fußball-WM 2006: "All together now - Strong together", was auf deutsch etwa heißt: "Jetzt alle zusammen - wir sind gemeinsam stark".
Statt des WM-Maskottchens "Goleo" tänzelt auf der Bühne ein strahlender Bürgermeister Magnus Staehler (CDU), der dem Publikum die Fäuste entgegenballt.
Als Moderator Robin Lammerschop den Bürgermeister auf die Bühne bittet, zeigt die vom Rathaus ins Festzelt versetzte Schulden-Uhr noch 46,30 Euro an. Mit zehn Cent pro Sekunde nähert die sich der "Stunde Null". "Wir hatten das Glück einer super Infrastruktur, aber noch wichtiger ist, dass wir auch eine super Bevölkerung haben, die mitzieht und mitgestaltet", sagt Staehler auf die Frage nach dem Geheimnis des Erfolges und erntet den ersten Applaus.
Weitere Jubelstürme branden dem 50-Jährigen entgegen, als er die Früchte des Sparens nennt: Nochmals werden die Steuern 2009 gesenkt, und es gibt mehr Geld für die Bildungsoffensive und für Ehrenamtler aus dem Gesellschaftsfonds.
Die letzten zehn Sekunden der Verschuldung zählen alle mit herunter, dazu steigen zehn Raketen in den Nachthimmel. Einen Stern, der dort leuchtet "und unseren Namen trägt", besingt wenig später Lokalmatador Jochen Buff in der von Ingrid Bembennek getexteten Version des Nik-P.-Hits. Darin geht es um das "lange Feld", das sich so prächtig entwickelt hat, das "die Welt auch noch in 1000 Jahren erfahren soll, wie schön es ist in Langenfeld".
Derweil steht Staehler an der etwa zwei Meter tiefen Grube in der Fußgängerzone und kettet - für alle im Zelt auf Bildschirmen live zu verfolgen - eine Stahlkiste an den Bagger an. Diese beinhaltet die Truhe mit dem "Zukunftsschatz".
Echte Goldbarren, Sparbrief und Postkarten mit Visionen von Langenfeldern für ihre Stadt sollen erst 2023 zum 75-jährigen Stadtgeburtstag wieder zum Vorschein kommen. Staehler: "Der Schatz ist ein Symbol dafür, dass wir schon heute Politik nach dem Motto ,Nicht jammern, sondern handeln’ für die späteren Generationen machen."
Nur Lob für diese nachhaltige Politik gab es am Samstag beim Empfang zur Entschuldung für rund 450 Gäste im Zelt. "Unsere Kinder und Kindeskinder zahlen die Zeche dafür, dass wir es uns gut gehen lassen, obwohl wir uns das in Wahrheit nicht leisten können", verwies Thomas Hendele (CDU), Landrat des schuldenfreien Kreises Mettmann, auf die Staatsverschuldung. Dagegen lebe Langenfeld nicht auf Pump. "Hier ist alles bezahlt", lautet für ihn die zentrale Botschaft.
"Ich überbringe Ihnen von ganzem Herzen die Glückwünsche aller Steuerzahler. Sie können wirklich stolz auf ihre Leistung sein", sagte Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt). Während im Bund erst noch diskutiert werde, keine neuen Schulden mehr zu machen, habe Langenfeld bereits vor 20 Jahren auf die Bremse getreten. Darüber hinaus seien trotz besonderer Beobachtung aus Langenfeld keine Fälle von Steuergelderverschwendung bekannt.
Die von seinem Landesverband kritisierten sechs Tage Extra-Urlaub zur Entschuldung für alle Verwaltungsmitarbeiter sprach Däke nicht an. Die Botschaft, dass Entschuldung machbar ist und zu Steuersenkungen führt, gehe von Langenfeld in alle Lande. Als Geschenk an die Stadt übergab Däke ein Ortsschild mit der Aufschrift "Schuldenfreie Stadt Langenfeld". Er habe nichts dagegen, wenn alle Ortsschilder so gestaltet würden, fügte der Steuerzahler-Vertreter hinzu.