Monheim: „Die Stimmung ist feindlich“
Die Muslime Mersija Fischer sieht bisher wenig Erfolge in Sachen Integration. Aber das soll sich ändern. Dafür müssten sich jedoch Ausländer und Deutsche bewegen.
Monheim. Integration - ein häufig benutztes Schlagwort in Monheim. Schließlich hat die Stadt ja auch 11,7 Prozent Ausländeranteil. Doch wie sieht es es denn wirklich aus mit der Integration? "Schlecht", urteilt Mersija Fischer im WZ-Interview. Sie sagt Unbequemes - Deutschen und Ausländern.
Westdeutsche Zeitung: Sie sind im Vorstand des Vereins Inter Monheim, der sich Integration auf die Fahnen geschrieben hat. Aber wie steht es um die Integration?
Mersija Fischer: Sehr schlecht. Als ich im September vergangenen Jahres hier ins Berliner Viertel zog, habe ich nur gedacht: Wo bist du denn hier mit deinen Kindern gelandet? Schnell wieder weg! In dem Stadtteil einem Deutschen zu begegnen, ist ja schon eine kleine Sensation. Das ist traurig. Keine Spur von gemeinsamem Leben der Nationen.
WZ: Viele Nationalitäten schon, aber nicht viele Deutsche. Wie werten Sie denn das Verhältnis der Ausländer untereinander?
Fischer: Sie arrangieren sich. Und noch wichtiger: Sie respektieren sich. Natürlich gibt es Gruppenbildungen. Aber es gibt keinen Hass aufeinander. Da lässt sich bestimmt noch viel bewegen.
WZ: Empfinden Sie die Stimmung in Monheim als fremdenfeindlich?
Fischer: Auch wenn es viele nicht hören wollen: Ja! Viele Ausländer leben seit Jahrzehnten hier. Trotzdem gibt es kaum Kontakt zu Deutschen.
WZ: Das muss aber nicht unbedingt an den Deutschen liegen.
Fischer: Natürlich nicht. Wir Ausländer müssen auch viel mehr auf die Deutschen zugehen. Aber es gibt alltäglich diese Beobachtungen der Ablehnung von Seiten der "Ur-Monheimer".
WZ: Was denn zum Beispiel?
Fischer: Man nehme nur den Markt. Da ist tatsächlich immer noch die unsichtbare Grenze. Der Markt reicht zwar bis ins Berliner Viertel, aber die Deutschen konzentrieren sich ganz klar in Richtung Rathaus-Center, als würde auf dem Ernst-Reuter-Platz das Böse auf sie warten.
WZ: Was ist für Sie das Rezept für wirkliche Integration?
Fischer: Miteinander leben, sich gegenseitig kennenlernen und respektieren.
WZ: Aber wie?
Fischer: Da gibt es natürlich ständig Feste mit multikultureller Beteiligung. Aber sind da wirklich viele Deutsche? Ich behaupte: Nein! Kommen sie nicht zu uns, müssen wir zu ihnen gehen.
WZ: Klingt wie ein Marsch durch Monheims Institutionen. Nennen Sie ein konkretes Beispiel.
Fischer: Da ist der Karneval. Das ist doch eine lustige Sache. Nur leider nehmen Ausländer daran bisher aktiv nicht teil. Das wird sich ändern. Wir werden multi-kulti als Verein "Haremsdamen", übrigens gegründet von einer Deutschen, beim nächsten Zug dabei sein. Das wird gut.
WZ: Und islamische Männer sehen da kein Problem?
Fischer: Ganz einfach war es nicht. Erkan Güneser, Vorsitzender unseres Vereins Inter Monheim, hat mit den Männern gesprochen, ihnen klar gemacht, dass es eine gute Sache ist mit dem Karneval. Aber jetzt läuft das.
WZ: Wie werten Sie die Bestrebungen der Stadtverwaltung, wieder einen Ausländerbeirat auf die Beine zu stellen?
Fischer: Das ist eine gute Sache. Dann gibt es eine offizielle Anlaufstelle für Ausländer, die Hilfe bei Ämtern brauchen. Denn das ist immer noch für viele ein Riesenproblem. Amt wird oft mit staatlicher Willkür gleichgesetzt. Die Angst muss abgebaut werden.
WZ: Sie sagten, dass Sie anfangs schnell wieder weg wollten aus dem Berliner Viertel. Und jetzt?
Mersija Fischer (33) kam als Einjährige aus Montenegro (Jugoslawien) nach Deutschland. Die Muslime wuchs in Hamburg auf, lebte später sieben Jahre in Langenfeld und seit September 2006 im Berliner Viertel. Sie war zehn Jahre mit einem Deutschen verheiratet und hat drei Kinder.
Inter Monheim Wer mehr über den Verein wissen will: Erkan Güneser, Tel. 0160 555 9464.