Stadt schickt schwer erziehbare Jugendliche ins Ausland

Maßnahme kommt aber nur selten zur Anwendung.

Wegen der Vermittlung von Heimkindern nach Ungarn sowie privater Geschäftemacherei sind kürzlich die Gelsenkirchener Jugendamtsleiter geschasst worden. In diese Negativschlagzeilen geriet danach die auch andernorts angewandte Möglichkeit, schwer erziehbare Jugendliche für längere Zeit ins Ausland zu schicken. „Wir machen das, aber wirklich nur in ganz großen Ausnahmefällen“, sagt der Langenfelder Fachbereichsleiter Ulrich Moenen.

Zurzeit ist laut Moenen ein aus der Bahn geworfener Langenfelder Junge auf Kosten der Stadt für drei Monate in Spanien. „Dort bekommt er fernab von möglichen Störungen aus seinem persönlichen Umfeld Wege aufgezeigt, seine Krise zu bewältigen.“ Daran knüpfe nach seiner Rückkehr in die Heimat die weitere Betreuung an.

Thomas Bremer aus der städtischen Sozialverwaltung hofft, dass dieser Langenfelder Junge in Spanien ähnlich eingenordet wird wie vor einiger Zeit Mark K. (Name geändert). Der zog als 16-Jähriger nach Langenfeld. Weil seine überforderte Mutter mit Mark nicht fertig wurde, kam er in ein Heim. Doch das ging nicht lange gut. „Wo er war, war Streit.“

Thomas Bremer von der Langenfelder Sozialverwaltung

Beim Versuch, den aggressiven 16-Jährigen in einem anderen Heim unterzubringen, erhielt das Jugendamt nur Absagen. Bremer: „Über einen anerkannten Träger haben wir ihn für sechs Monate nach Spanien geschickt.“

Mark wohnte bei einem deutschsprachigen Paar auf einer Finca. „Obwohl er ein Mofa zur Verfügung hatte, fuhr er anfangs nicht zum Strand, weil ihm die fremde Umgebung Respekt einflößte.“ Zunächst widerwillig absolvierte Mark ein Praktikum in einer VW-Werkstatt, zeigte dort Talent und war laut Bremer „von der Tätigkeit richtig begeistert“. So motiviert absolvierte er nach seiner Rückkehr ein weiteres Praktikum und eine Lehre und bezog eine eigene Wohnung. „Ohne den Aufenthalt in Spanien hätte dies nicht geklappt“, so Bremers Fazit.

Gleichwohl seien in den vergangenen 15 Jahren nur etwa fünf Jugendliche zur Erziehungshilfe ins Ausland geschickt worden. An den Kosten liegt das laut Moenen nicht. „Die Tagessätze in Spanien unterscheiden sich kaum von denen, die wir hier bei uns aufbringen müssen.“