Erkrath: Die märchenhafte Flucht aus der Realität

Theater: Der Literaturkurs des Gymnasiums Erkrath spielte mit „Haltestelle. Geister“ ein Stück zwischen Märchen und Science-Fiction.

Erkrath. Noch eine halbe Stunde bis zur Aufführung. Im Foyer der Stadthalle warten rund 250 Menschen darauf, vor der Bühne Platz nehmen zu dürfen. Hinter den Kulissen herrscht Hektik. Nervöses Zupfen am Kostüm, ein letzter Blick auf den Text. Für den Literaturkurs des Gymnasiums am Neandertal heißt es gleich: Vorhang auf.

In den letzten Monaten haben 14 Schüler der zwölften Klasse auf diesen Augenblick hingearbeitet. "Kreativität ist bei mir ganz groß", sagt Victoria Hase. "Die vorherigen Literaturkurse haben geschwärmt, wie viel Spaß das macht." Nun wird die 18-Jährige selbst auf der Bühne stehen - mit kurzem Rock und hohen Hacken als "Tussi" Eva.

Aufgeführt wird das moderne Stück "Haltestelle. Geister" von Helmut Krausser. "Wir hatten drei Stücke zur Auswahl. Die Entscheidung fiel auf das moderne", erzählt Victoria. Das Stück rege zum Nachdenken an, meint die Schülerin. "Es spiegelt die verschiedenen Gesellschaftsschichten der heutigen Zeit wieder", ergänzt Marc Wiemann. Seine Rolle ist der "Tütenpenner" - ein ungepflegter, verwirrter Mann auf Drogenentzug.

Alle 14 Schüler stehen im Laufe des 100 Minuten langen Stückes auf der Bühne. Das Publikum erlebt keine gewöhnliche Geschichte, sondern etwas, das zwischen Märchen und Science-Fiction liegt. An einer Bushaltestelle kreuzen sich die Wege von Menschen, die kaum unterschiedlicher sein könnten.

Ihr Ziel ist dasselbe: Sie warten, doch nicht immer auf einen Bus. So hofft die Prinzessin aus Tallulah auf das Raumschiff, das sie "irgendwohin, nur weg von hier" bringt. Ein verwirrter Mann ist auf der Suche nach seiner Frau - hat aber vergessen, wie sie aussieht.

Drogendealer Rico flüchtet mit bunten Pillen vor der Realität: "Die ganze Welt wird Disney." Ein Ehepaar ist sich nicht einig, ob sie einander lieben oder hassen. Der Mann vom Grillimbiss ist dagegen sicher: "Die Welt ist geil!" Marc Wiemann hatte sich den Literaturkurs einfacher vorgestellt. "Es war ganz schön zeitintensiv. Wir haben oft nach der Schule geprobt - open end", erzählt der 18-Jährige. Trotzdem - bei Victoria und Marc ist die Begeisterung zu spüren.

Deutschlehrerin Swantje Fuhrmann, Leiterin des Kurses, ist zufrieden mit den jungen Schauspielern. "Das ist ein sehr ernstes Stück mit schwierigen Figuren. Ich bin stolz auf die Schüler", sagt Fuhrmann. "Sie haben eine unglaubliche Entwicklung gemacht und gehen gestärkt und selbstbewusst daraus."