Haan: „Fahren, bis der Arzt kommt“
In einer Garage haben einige Männer eine 38,6 Meter lange Carrerabahn aufgebaut.
Haan. Die beiden Wagen rasen mit brummenden Motoren gleichauf die Rennstrecke entlang. In hohem Tempo geht es durch enge Kurven, dann auf eine lange Gerade vorbei an einer vollbesetzten Zuschauertribüne. Hinter rot-weiß-gestreiften Leitplanken und nebeneinander stehenden Heuballen stehen Reifenstapel und andere Rennwagen. Mitten drin tummeln sich Fahrzeugtechniker und Streckenposten.
Auf der Rennstrecke liefern sich der silberne Audi mit der Nummer 59 und der orange Porsche mit der Nummer 52 und dem Jägermeister-Werbeschriftzug ein heißes Rennen - bis der Audi aus der Kurve fliegt und in seinen Widersacher reinrutscht. Nach dem Crash rutschen beide Wagen gegen die Leitplanke, bis sie schließlich zum Erliegen kommen. Jetzt ist es für Jürgen Heun (50) und Jürgen Kallenbach (44) höchste Zeit einzugreifen. Blitzschnell sorgen sie auf der Strecke für "Erste Hilfe".
Jürgen Kallenbach
Allerdings sind die beiden Haaner weder Rettungssanitäter, noch Rennwagen-Mechaniker. Heun und Kallenbach sind begeisterte Carrerabahn-Fans. "Wir fahren manchmal, bis der Arzt kommt und die Regler glühen", sagt Heun mit einem breiten Grinsen, während er seinen Wagen wieder richtig in die Spur der 38,6 Meter langen Carrerabahn setzt. "Es ist eben ein Hobby für Kinder. Und zwar für Kinder ab 30", sagt Kallenbach augenzwinkernd.
Seit einigen Monaten haben die beiden gemeinsam mit Frank Meyer (42) aus Düsseldorf, Stephan Scharnagl (34) aus Solingen und Markus van Orsouw (39) aus Haan eine kleine Garage in einem Hinterhof im Haaner Zentrum gemietet. Dort wurde einen Monat lang Schwerstarbeit geleistet, um dem "Miniatur-Rennzirkus" dort ein neues zu Hause zu geben. Nun können dort bis zu vier Rennautos mit bis zu 50 km/h in einer beeindruckenden Rennarena ihre Runden drehen.
Kaum sind die Wagen wieder platziert, geht das Rennen weiter. Auch van Orsouw hat seinen Wagen mittlerweile an den Start gebracht. Alle drei schauen konzentriert auf die kurvige Bahn, auf der ihre kleinen Flitzer ihre Runden drehen. Und das etatmäßige Kinderspielzeug verfehlt auch bei den erwachsenen Männern seine Wirkung nicht. Mit kindlichem Grinsen, einem leichten Lächeln auf den Lippen und aufmerksamem Blick scheinen die drei Männer nun in ihrer eigenen Welt zu sein. Und wer nicht gerade im Rausch der Geschwindigkeit ist, der schraubt oder lötet an seinem Wagen herum.
"Bei uns geht es nur um Spaß und Geschwindigkeit. Wir hatten alle früher schon Carrerabahnen, mit der Zeit schlief das dann etwas ein", erinnert sich van Orsouw, der ebenso wie die anderen von Jürgen Heun zusammengetrommelt und vor etwa sechs Jahren neu mit dem "Carrera-Virus" infiziert wurde. Heun hingegen ließ dieses Virus seit seiner Kindheit nicht mehr los.
"Weil das Hobby gemeinsam mehr Spaß macht, haben wir einfach unsere ganze Ausrüstung zusammengeworfen und am Computer eine große Bahn entworfen und anschließend auch gebaut. Jetzt fehlt nur noch die Zeitmessungsvorrichtung und ein paar Modelle, um die Umgebung etwas lebendiger zu machen", erklärt Kallenbach.
Jeden Donnerstag nach der Arbeit treffen sich die Fünf für ein paar Stunden, um ihrem Hobby nachzugehen. Fünf Leute, aber nur vier Bahnen? "Keine Sorge, da gibt es keinen Streit", sagt Heun schmunzelnd, "jeder setzt mal aus, damit können wir schon umgehen. Wir sind ja trotz allem schon erwachsen".