Haan: Karstieß: Durch die Glasur wird das Archaische zur Kunst

Hohe Auszeichnung für einen Haaner Künstler: Er stellt im „Museum Baden“ aus.

Haan. Markus Karstieß ist keiner, der gerne große Worte macht. Andere Künstler würden ausschweifend über ihr Dasein als Meisterschüler bei Arte-Povera-Erfinder (ital. "Arme Kunst") Jannis Kounellis berichten oder mit ihrem Gasthörer-Dasein bei Klaus Rinke angeben.

Der 38 Jahre alte Absolvent der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie lässt lieber seine Skulpturen sprechen. Befragt, was er Schönes bei seinem großartigen Lehrmeister Kounellis gelernt habe, antwortet er: "Geschmack für eine bestimmte Qualität zu entwickeln."

In seiner Einzelschau zeigt der Haaner zurzeit im "Museum Baden" in Solingen, wie er diese Vorgabe interpretiert. 38 Exponate sind unter dem Titel "Nacht Ego" zu sehen. "Zufällig sind es genauso viele Arbeiten wie Lebensjahre."

Gemeinsamer Nenner aller Skulpturen ist das Material: Keramik. "Das ist ursprünglich und wird nicht überformt." Die künstlerische Note bekommt dieser "archaische Stoff" durch die Glasur. Was silbrig glänzt, ist Platin, Goldglänzendes ist Gold. Würde man katalogisieren, ließen sich die Ausstellungsstücke in Fetische, Vasen und Schlingen aufteilen - bei Karstieß alles "Produkte der Nacht".

"Das Ego der Nacht ist nicht mein Ego", erklärt der Künstler und verweist auf das kollektiv Unbewusste. Träume sind für Karstieß, den feinsinnigen Beobachter, der "seit vier Jahren mit Lehm und Ton arbeitet, weil das der Ursprung von allem ist", keine Schäume, sondern "Spiegel des Unterbewussten". "Als Künstler will ich Neues machen. Das beginnt immer mit einer Gratwanderung", sagt er - leicht und spielerisch und eben wie ein Traum.

Damit ist er bei seinem Thema, darüber mag er erzählen. Über die Fetische, die wegen ihrer Hörner viel Teuflisches haben ("Das hat besonderen Spaß gemacht, denen Hörner zu geben"), aber wie ein Rorschach-Test Interpretationsspielräume lassen - und wie sie durch "systematisches Greifen" entstanden sind.

Ebenso wie eine Reihe "monolithischer Phallus-Symbole, so sehen in Japan Holzstelen aus", die sich zwischen Minimal und Maximal bewegen, "Made in the Dark" heißen und "eher Heiligtum als Phallus" sind. Fragmente aus Liedern wie die Textzeile "Empire of Dirt" von Johnny Cash sind "Worte, die hängen bleiben".

Das wiederum ist die Grundlage für Assoziationsketten, aus denen er letztlich die Namen seiner Skulpturen entwickelt. Das Kneten, um den Lehm zu verdichten, ist "sehr anstrengend, ich lasse mich auf das Material ein und hangele mich an der Skulptur entlang", versucht er seine Arbeitsweise zu erläutern.

Früher hat er viele Rauminstallationen gemacht. "Davon war ich irgendwann genervt." Einzig seine Mobiles, eine Mischung ausladend barocker Formen an knochigen Wüstenskeletten, die vollkommen unbeweglich sind, erinnern an diese Zeit. Dass die Ausstellung ein "Resümee der letzten vier Jahre" ist, mag er noch erzählen. "Das Material hält mich noch immer stark fest." Der Rest ist Schweigen.