Hochdahl: Zeitzeuge - 100 Schüler hören das Grauen der Wahrheit
Adolf Burger, der mehrere Konzentrationslager überlebt hat, hielt am Freitag eine Geschichtsstunde der besonderen Art.
02.03.2007
, 00:00 Uhr
Hochdahl. Es ist still in der Aula des Gymnasium Hochdahl. Die etwa 100 Schüler lauschen gebannt, was der alte Mann mit dem slowakischen Akzent erzählt. Er berichtet über drei Stunden lang von einer Zeit, in der Menschen aus ideologischer Verblendung erst ihrer Rechte, dann ihrer Würde und Habseligkeiten und zuletzt ihres Lebens beraubt wurden. Immer wieder sieht man fassungsloses Kopfschütteln in den vorderen Reihen - das Gehörte schockiert.
Einer, der die Hölle überlebt hat
Der, dem die Schüler da wie gebannt zuhören, heißt Adolf Burger und ist Zeitzeuge des Dritten Reichs. Als Buchdrucker in der Slowakei fälschte er Taufscheine, um verfolgte Juden vor der Deportation in die Konzentrationslager zu schützen. 1942 wurde er verhaftet, kam zunächst nach Auschwitz, später ins Vernichtungslager Birkenau. "Das war die Hölle", sagt der 90-Jährige. Detailliert beschreibt er den Schülern den Alltag im Lagerleben, lässt nichts aus. Immer wieder liefert er auch Hintergründe, beschreibt, die perfekte Organisation im Lager und mahnt: "Die von der SS waren nicht dumm. Die Mörder, das waren die Techniker, Ärzte, Chemiker, die Intelligenz."1944 wurde er ins KZ Sachsenhausen verlegt und gezwungen, für eine Geheimoperation der Nazis ausländisches Geld zu fälschen. Erst im Mai 1945 wurde er von aufständischen KZ-Häftlingen in Österreich befreit. Die Schüler der achten Klassen haben sich intensiv auf Adolf Burgers Besuch an ihrer Schule vorbereitet. "In den vergangenen Wochen standen Dokumentarfilme über das Dritte Reich auf dem Stundenplan. Anschließend besprachen wir das Thema. die Klassenlehrer lieferten Hintergrundinformationen", sagt Alexander (13). So wurden die vielen Namen bekannter Nazi-Größen ein Begriff für die Jugendlichen. Für die Schüler ist Burgers lebendiger Vortrag eine Gelegenheit, von einem der letzten verbliebenen Zeitzeugen aus erster Hand zu erfahren, wie es damals wirklich war. "Ich finde es wichtig, dass er herkommt und von früher erzählt", meint der 14-jährige Malte. "Das gibt es nicht mehr so oft." Sein Nachbar nickt: "Es ist gut, dass er seine Geschichte vor jungen Leuten erzählen kann", meint der 13-Jährige."Man muss an die Toten erinnern"
Die 14-jährige Natalie findet es "interessant", diesen Teil deutscher Geschichte aus der Sicht eines Betroffenen zu erfahren. Ihre Freundin Lisa fügt hinzu: "Man muss an die Toten erinnern, damit sie nicht vergessen werden." "Es ist wichtig, das von jemandem zu hören, der alles am eigenen Leib erlebt hat", finden Laura und Sybille. Den 14-Jährigen Mädchen ist die Beschäftigung mit der Vergangenheit wichtig. "Es ist unglaublich, das darf nie wieder passieren."Um das zu vermeiden, hat Schulleiter Dieter Smolka den alten Mann bereits für 2008 erneut eingeladen. "Der Mann macht Witze. Ich bin doch schon 90", sagte Burger daraufhin.