Mettmann: Die Zahl der Flüchtlinge steigt

WZ-Interview: Martin Sahler und Thomas Rasch (Caritas) berichten über ihre Hilfsangebote.

Mettmann. Kopftuch-Verbot, Sarrazins umstrittenes Buch "Deutschland schafft sich ab", oder die Debatte um anonyme Bewerbungen, um Bürgern mit ausländisch klingendem Namen bessere Chance auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen: Die Integrationsdebatte ist bundesweit in Bewegung gekommen. In Mettmann wird im Sozialausschuss um 964 Euro für die Flüchtlingshilfe der Caritas gestritten. Die WZ sprach darüber mit dem Abteilungsleiter Integration der Caritas, Martin Sahler, und dem Caritas-Bereichsleiter Integration und Rehabilitation, Thomas Rasch.

Beinahe wäre Ihr Antrag auf finanzielle Unterstützung der Caritas-Flüchtlingshilfe im Sozialausschuss an der Ablehnung der CDU gescheitert. 964 Euro, das ist ja keine große Summe. Sie und die Vertreter der anderen Wohlfahrtsverbände waren sichtlich aufgebracht über die Diskussion.

Rasch: Seit Jahrzehnten bietet der Caritasverband eine Fachberatung für Flüchtlinge in Mettmann an, seit langem zu einem erheblichen Anteil mit eigenen Geldern. Zeitgleich stehen Mittel im Haushalt der Stadt bereit, werden aber nicht freigegeben. Uns wurde außerdem im Vorfeld der Sitzung seitens der Stadtverwaltung signalisiert, einen Antrag auf Abruf dieser Mittel zu stellen, weil wir mit unserem Fachdienst für Integration und Migration der einzige Anbieter allgemeiner Beratungsleistungen für Zuwanderer sind.

Spiegelt die Tatsache, dass um derartige Beträge gestritten werden muss, den Stellenwert, den die Flüchtlingsbetreuung in Mettmann hat, wider?

Sahler: Ein Betrag von 964 Euro im Jahr kann nur als symbolische Leistung verstanden werden. Wenn darum gerungen werden muss, zeigt das auch das Ausmaß der Wertschätzung der gesamten Arbeit für diesen Personenkreis in Mettmann.

Was tut die Caritas für Flüchtlinge in Mettmann und wie werden die Angebote finanziert?

Rasch: Es gibt Städte im Kreis, die ihre Verantwortung in der Flüchtlingsbetreuung ernster nehmen und Flüchtlingsarbeit teilweise sogar an den Caritasverband delegieren und bezahlen. Wir sehen unsere Verantwortung gegenüber den hilfsbedürftigen Menschen jedoch im gesamten Kreisgebiet, haben ein kreisweites Angebot für Flüchtlingsberatung und arbeiten intensiv mit ehrenamtlichen Initiativen zusammen. Dieser Einsatz wird derzeit noch durch einen Zuschuss des Landes NRW für die soziale Betreuung von Flüchtlingen honoriert. Insgesamt sind so zwei Vollzeitstellen im Kreisgebiet mit der Aufgabe betraut. In Mettmann findet die wöchentliche Sprechstunde montags von 14 bis 16 Uhr statt.

Kommen überhaupt noch so viele Menschen, dass ein solches Angebot aufrecht erhalten werden muss?

Sahler: Seit dem vergangenen Jahr steigen die Zuweisungszahlen von Flüchtlingen in den Kreis Mettmann wieder deutlich. Während über mehrere Jahre nur noch wenige Zuweisungen erfolgten und die Beratungsinhalte sich überwiegend auf die Themen Bleiberecht und Rückkehrplanung konzentrierten, sind heute wieder klassische Themen zum Asylverfahren, Aufenthaltssicherung und zum sozialrechtlichen Status Inhalt.

In Mettmann verlassen nahezu 40 Prozent der ausländischen Schüler die Schule ohne Abschluss. Das sind fast doppelt so viele wie in anderen Städten im Kreis? Woran liegt das?

Rasch: Das ist ganz schwer zu sagen. Diese Zahlen sind aus einer Erhebung des Kreises Mettmann, der das Niveau der kreisangehörigen Städte vergleicht. Sicherlich ist das zusätzliche Engagement für Kinder mit Migrationshintergrund in den Städten des Kreises Mettmann unterschiedlich und stärkeres Engagement bringt auch Erfolge mit sich. Den Schulen selbst ist da sicherlich kein Vorwurf zu machen. Verbessert werden kann aber bestimmt die außerschulische Förderung. Kostenlose Hilfen oder Hilfen, die nur wenig kosten, reichen in Mettmann bei weitem nicht.

Wird in anderen Städten mit dem Thema Integration anders umgegangen?

Sahler: Hier hat jede Stadt im Kreis Mettmann ihr eigenes Konzept und gewichtet das Thema Integration ganz unterschiedlich. Dies zeigt aber auch, dass in einigen Städten das Thema Integration einen sehr hohen Stellenwert besitzt und unterschiedliche Integrationskonzepte entwickelt und umgesetzt werden. Auch Mettmann hat ja ein solches Konzept erarbeitet, die Umsetzung von Ergebnissen harrt jedoch noch der Dinge.