Noch kein Urteil Kneipenschlägerei: Prozess mit mehreren Anläufen

RATINGEN/WUPPERTAL · Am 13. November soll das Urteil verkündet werden – vorausgesetzt, die Angeklagten sind dann auch da. Dem Richter platzte jetzt der Kragen.

Auch die Polizei musste damals eingreifen.

Foto: dpa/Friso Gentsch

Es war schon gut losgegangen mit diesem Prozess: Damals, im Sommer 2023, glänzte ein wegen Körperverletzung angeklagter Ratinger mit Abwesenheit. Der 43-Jährige ließ seinen Verteidiger ausrichten, er sei in der Türkei und müsse seine Mutter pflegen. Monate später dann beim zweiten Anlauf war der Angeklagte immer noch nicht da. Auf der Anklagebank saßen derweil drei Mittäter, auch sie beschuldigt, an einer Kneipenschlägerei beteiligt gewesen zu sein. Weil aber der als Haupttäter angeklagte Ratinger noch immer fehlte, schickte Amtsrichter Lars Petersen die Prozessbeteiligten erneut nach Hause. Mittlerweile wird der 43-Jährige mittels Haftbefehl gesucht, gefunden hat man ihn noch nicht. Um die Sache dennoch verhandeln zu können, wurde das Verfahren gegen den Mann dann vorläufig eingestellt.

Vor ein paar Monaten dann der dritte Versuch: Amtsrichter Petersen hatte eigentlich die drei Mitangeklagten erwartet, gekommen war nur einer der Männer. Der zweite war umgezogen, Adresse unbekannt. Als sich dann auch noch der dritte Angeklagte mit Durchfall vom Prozess abmeldete, platzte Petersen der Kragen. „Mittlerweile bin ich so weit, dass ich alles verhafte, was sich bewegt“, macht der Amtsrichter seinem Unmut darüber Luft, dass dieser Prozess nun schon zum dritten Mal im Sande verlief.

Und nun, Monate später, die vierte Auflage. Noch bevor es losging im Saal, wollte der Amtsrichter vor allem eine Frage geklärt wissen: Kommen die drei Angeklagten? Achselzucken bei den Verteidigern, am Ende waren immerhin zwei da. Beim dritten scheinen zum Durchfall von vor vier Monaten nun auch noch Übelkeit und eine akute Magenschleimhautentzündung hinzugekommen zu sein. Aber gut, zwei waren da – Petersen wollte verhandeln. Sagen wollten die beiden Männer – einer aus Ratingen, der andere aus Düsseldorf – freilich nichts zu dem, was im September 2017 in einer Kneipe in Wuppertal passiert sein soll.

Zeugen erscheinen ebenfalls
nicht zur Verhandlung

Man hätte die Opfer im Zeugenstand befragen können – wenn sie denn gekommen wären. Der erste Zeuge war nicht da und auch nicht erreichbar, nun soll er von der Polizei vorgeführt werden. Ebenso der zweite Zeuge, auch er glänzte durch Abwesenheit. Längst hatte auch der Staatsanwalt die Geduld verloren, er verhängte gegen die Abwesenden ein Ordnungsgeld von 250 Euro. Was man den Angeklagten vorgeworfen hatte, geriet angesichts der Querelen beinahe zur Nebensache in diesem Prozess: Gemeinsam sollen die Männer eine Kneipe in Wuppertal aufgesucht haben in der Absicht, dort einen „Teo“ oder „Teomann“ zu finden. Der scheint nicht da gewesen zu sein, die Lage eskalierte dennoch. So hatten es Zeugen berichtet, die zunächst unbeteiligt in die Schlägerei verwickelt worden waren.

Einem der Kneipenbesucher war mit einem Schlagring derart wuchtig ins Gesicht geschlagen worden, dass er eine Gesichtsfraktur erlitten hatte. Nach der Operation musste das Opfer noch zwei Wochen stationär im Krankenhaus behandelt werden.

Der in der Türkei verschollene Angeklagte aus Ratingen soll derweil so lange auf einen weiteren Zeugen eingeschlagen haben, bis der Mann zu Boden gefallen war. Daraufhin soll der 42-Jährige mit einem Messer mehrfach auf den Oberschenkel und den Unterarm des Mannes eingestochen haben. Ein weiterer Kneipenbesucher hatte eine Schnittverletzung am Oberschenkel erlitten, nachdem der Ratinger versucht hatte, auch auf ihn einzustechen.

Ein Zeuge war mit dem Schlagring derart massiv auf den Hinterkopf geschlagen worden, dass er bewusstlos zu Boden fiel. Dort soll er einen weiteren Schlag ins Gesicht bekommen und eine Platzwunde sowie eine Nasenbeinfraktur davongetragen haben. Am 13. November soll das Urteil verkündet werden – vorausgesetzt, die Angeklagten sind dann auch da.