Gemeinsam zum Freitagsgebet
Muslime und Nichtmuslime kommen in der Moschee zusammen.
Wülfrath. Diese riesigen Kronleuchter inmitten der großzügigen Moschee. Sie strahlen etwas vom Glanz des Propheten aus auf die Gläubigen. Dazu die filigranen Kacheln mit blau, weiß, golden und braun geschriebenen Suren des Koran. Allein aus ästhetischen Gründen lohnt sich der Besuch der Mosche an der Lindenstraße. Aber das reicht nicht, dachte sich Pfarrer Klaus-Dieter Rex. Vor allen in Tagen wie diesen, in denen Terror und Gewalt von Verbrechern den Graben zwischen Moslems und Christen weiter aufreißen, „ist es wichtig zu zeigen, dass wir zusammen gehören“, sagt Rex. Der Vorsitzende des islamischen Kulturvereins, Hayrettin Kahraman, freute sich: Fast zwanzig Nichtmuslime waren zum Freitagsgebet gekommen.
Im Vorraum werden die Schuhe ausgezogen, anschließend knien alle, Christen wie Muslime, Männer und Frauen auf dem Teppichboden. Für die Gäste natürlich Stühle, sagte Kahraman. „Vor Jahren wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Rex. Gläubige beider Religionen gemeinsam in der Moschee, dazu unverschleierte Frauen. Vieles hat sich geändert, die Muslime in Wülfrath sind traditionsbewusst, aber sie wissen um moderne Zeiten. „Jeder kann kommen, wir müssen uns für alle öffnen und wir tun das auch“, sagt Kahraman. Warum kommen dann nicht mehr? Hier könnten viele sehen, wie die Wülfrather muslimische Gemeinde betet, wie sie denkt, wie sie redet. Gestern zu Ehren der Gäste in der Predigt auch in Deutsch. Der Iman nahm kein Blatt vor den Mund. Solche Mörder in Beirut, Kairo, Paris und Bagdad sind Verbrecher und keine Muslime. Er erinnert an die sanften Eigenschaften, die der Prophet den Gläubigen tagtäglich mit auf den Weg gibt: Sanftmut, Ehrlichkeit, Nächstenliebe, Gerechtigkeit. Aber das kennen wir ja alle aus dem Alten und Neuen Testament und mancher spürt, wie eng Koran und Bibel nebeneinander liegen. „Unterschiede zwischen uns müssen auch sein. Aber wir sind menschlich ganz dicht beieinander.“ Während Rex das in seiner kleinen Ansprache an die Gemeinde sagt, spürt man, wie sehr auch die Muslime den Besuch der Christen wertschätzen. Sie wollen zu Wülfrath gehören. Sie wollen sich nicht isolieren. Warum auch. Die vielen älteren Männer, die sich beim Gebet nicht mehr auf- und niederbeugen können und deren angedeutetes Beugen von Eleganz getragen ist, haben lange in Wülfrath gearbeitet.
Die jungen Männer, von denen viele hier aufgewachsen sind und die trotz Jobs und modernem Leben mittags schnell noch zum Gebet in die Moschee huschen. Die Kinder, deren Papa sie stolz mitnimmt in das Gotteshaus. Alles ganz normal also. Alles wie bei Christen und Juden eben.
Am Ende des Gebets, draußen auf der Straße kam ein junger Mann und sagte: „Danke!“ — „Danke? Warum?“ — „Dass Sie hier waren und wir Ihnen zeigen durften, dass wir keine Verbrecher sind.“