Konsumrausch: Die Jugend in der Schuldenfalle
Immer mehr junge Leute schleppen Schulden mit sich herum. Der SKF will vorbeugen.
Ratingen. Maik (18) ist verzweifelt. Es gab Krach zu Hause. Die Folge: Er musste ausziehen, wohnt jetzt bei einem Freund. Gemeinsam mit der Freundin sucht er eine Wohnung. Doch die Wohnungsbaugesellschaft hat ihn und Freundin Jessi abgelehnt. Der Grund: Maik hat Schulden.
"Gut 400 Euro", erzählt er Schuldnerberater Wolfgang Wesselsky beim Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF). Wie es dazu gekommen ist, kann er gar nicht mehr so genau sagen. Handykosten, Internet, Klamotten und Roller-Versicherung - irgendwann waren es einfach zu viele Rechnungen. Das Problem nun: Er hat wechselnde Adressen. Und bemerkt der Arbeitgeber. Er stellt ungemütliche Fragen. . .
Noch mag die Geschichte des jungen Ratingers wie ein Einzelfall aussehen. Doch der SKF, der für die Stadt die Schuldnerberatung übernimmt, weiß: Dahinter steckt mehr. Über ein Drittel der 14- bis 25-Jährigen sind Schätzungen zufolge verschuldet. Daher plant der Verband nun ein Präventionsprojekt. Das Ziel: Es soll gar nicht so weit kommen, dass die Jugendlichen zur Schuldnerberatung kommen müssen.
"Wir vermuten, die Dunkelziffer der Verschuldeten ist höher als die Statistik zeigt", sagt Wolfgang Wesselsky. Der Grund: Eltern und Großeltern springen immer wieder ein, wenn die Sprösslinge in den Miesen sind. "Eine zunehmend mobile und technologisierte Gesellschaft weckt Bedürfnisse bei jungen Menschen", weiß Wesselsky und nennt Schuldenfallen: Moped, Musikdownloads aus dem Internet und natürlich das Handy. Nur wer den aktuellsten Klingelton hat, ist "in". Um den aber zu bekommen, müssen Jugendliche viel Geld zahlen. Das geht oft vom Girokonto ab, das Minderjährige eigentlich nicht überziehen können. Doch die Schuldnerberater stellen fest: Häufig wird es doch überzogen. Und so sind nicht selten auch Banken unter den Gläubigern.
Im Rahmen des geplanten Projektes will der SKF junge Leute für das Thema Schulden sensibilisieren. Das Ziel: Aufklärung. Denn so wie Maik wird so manch einer feststellen, dass auch vermeintlich niedrige Summen an Schulden gravierende Folgen für das Leben haben. Der SKF plant, an die Schulen zu gehen. Fachleute möchten mit Jugendlichen ins Gespräch kommen. "Es geht einfach darum, den Wert von Geld wieder klar zu machen", sagt Wesselsky. Natürlich genießt die Jugend von heute die Vorteile des bargeldlosen Zahlens. "Doch wenn nicht mehr mit Münzen bezahlt wird, geht das Gefühl für Werte verloren."
Maik ist jedenfalls schon einige Schritte weiter als viele Altersgenossen. Er hat Hilfe gesucht. Der SKF ordnet nun mit ihm seine Finanzen. Und er hat mit Gläubigern und der Wohnungsbaugesellschaft gesprochen. Maik hat eine Wohnung. Und der Arbeitgeber stellt auch keine ungemütlichen Fragen mehr.