Neviges: Das Zentrum ist Herzenssache

Jubiläum: Ehemalige und aktuelle Besucher loben die Einrichtung an der Lessingstraße.

Neviges. "Das Zentrum war einfach alles für uns. Es gab kaum einen Tag, an dem wir nicht hier waren", erinnert sich Benni von Eikeln. Die Zeiten, dass das Jugendzentrum "alles" für ihn war, sind nun schon lange vorbei. Trotzdem kommt der 50-Jährige immer wieder gerne in die Lessingstraße, um zu sehen, was sich wieder verändert hat.

So auch am Samstag. Da feierte "Das Zentrum" seinen 35. Geburtstag. Und besonders für die heute erwachsenen, ehemaligen Zentrum-Besucher, war der Tag wie ein großes Klassentreffen. Zwischen dem bunten Trubel von Mitmachzirkus, Kinderschminken, Riesenseifenblasen, Spieleaktionen, dem hauseigenen Kinderchor, Grillen und einem Querschnitt der letzten Jahrzehnte Rock- und Popgeschichte, gespielt von einer Band aus ehemaligen Mitarbeitern der Einrichtung, blieb Zeit, um in Erinnerungen zu schwelgen.

"Ich weiß noch, dass meine Eltern gar nicht begeistert waren, dass ich immer hier hin gegangen bin. Das war hier in den 80er Jahren ein richtiger sozialer Brennpunkt", sagt Andreas Hahn. Doch er konnte sich gegen seine Eltern erfolgreich durchsetzten.

Zum Glück. Denn: Noch heute kommt der jetzt 38-jährige Schriftsteller in das Jugendzentrum - ehrenamtlich. Ein Hörspiel hat er geschrieben und spricht es jetzt an der Lessingstraße mit Sechs- bis 27-jährigen ein. Extra ein Casting musste er dafür veranstalten, so groß war der Andrang auf die außergewöhnliche Aktion.

Auch Benni von Eikeln erinnert sich an die katastrophalen Zustände von vor 30 Jahren. "Hätten wir das Zentrum und die Mitarbeiter nicht gehabt, wäre das hier ein Ghetto geworden. Aber wir mussten auch viel dafür tun. Wir haben es mit aufgebaut."

Matratzen haben er und seine Freunde vom Sperrmüll geholt, um es gemütlicher zu machen. Mehrfach wurde das Haus danach noch umgebaut, einige Male stand es schon vor der Schließung. "Aber wenn man so oft mitgearbeitet und um das Zentrum gekämpft hat, liegt es einem am Herzen. Dann kommt man immer wieder", da sind sich die beiden Ehemaligen einig. Jetzt, 35 Jahre später, müssen keine Einrichtungsgegenstände mehr vom Sperrmüll geholt werden.

Die Jugendlichen hängen trotzdem mit ihrem Herzen an der Jugendeinrichtung. Und immer noch verbringen sie mehr Zeit in der Lessingstraße als zu Hause. Mit einem Unterschied: Jetzt sind die Eltern einverstanden. "Meine Eltern finden das gut. Ich bin fast täglich hier. Genau wie meine Freunde. Wir machen Spiele und Ausflüge. Das ist doch besser, als immer zu Hause rumzuhängen", sagt die 17-jährige Nina Haberlinski. Seit acht Jahren kommt sie regelmäßig in die Lessingstraße. "Es ist einfach ein fester Treffpunkt. Man muss nicht mehr telefonieren, um sich zu verabreden. Es ist einfach klar, alle sind da."

Das sagt auch Sandra Gorny (16): "Es ist ja auch besser, hier zu sein, als zum Beispiel am Bahnhof. Das ist einfach sozialer. Hier ist auch Erziehung mit dabei, und die Betreuer haben immer ein offenes Ohr für uns. Die helfen uns auch schon mal, Probleme zu lösen." An manchen Tagen sei das Jugendzentrum ihr Wohnzimmer, sagen die Mädchen.

Und das wollen sie auch in Zukunft besuchen und unterstützen. Schon am Samstag haben sie bei den umfangreichen Vorbereitungen für das Fest tatkräftig mit angepackt. "Und später will ich mich hier auch ehrenamtlich betätigen", so Sandra. Und vielleicht lernt sie in der Lessingstraße ja mal ihren Zukünftigen kennen. Das ist zumindest laut Benni von Eikeln nicht unmöglich. "Hier im Zentrum haben sich Freundschaften geschlossen die auch heute noch halten. Und die ein oder andere Ehe wurde hier gestiftet."