Ratingen: Artisten, Clowns – und Irre
Die Künstler des Großen Russischen Staatscircus präsentieren ein Programm der Spitzenklasse auf dem Schützenplatz
Ratingen. Hoch über dem Schützenplatz thront die gelbe Zeltkuppel. Auf dem roten Teppich am Zelteingang drängt sich eine lange Menschenschlange. In den umliegenden Wohngebieten herrscht Chaos wie sonst nur bei der Schützenkirmes.
Der Große Russische Staatscircus ist in der Stadt und zeigt sein Programm "And Friends", das bei der Premiere die Zuschauer bis hin zu stehenden Ovationen begeisterte. Schon bei der ersten Nummer, bei der Katja und Anton Tarbeevs ihre Diabolos bis unters Hallendach wirbeln, wird rhythmisch mitgeklatscht.
Vor 1200 Besuchern, nahezu ausverkauftem Haus, zeigen die russischen Künstler mit ihren Freunden aus sieben anderen Ländern ein wahres Feuerwerk der Zirkuskunst. Einen Programmpunkt herauszuheben scheint fast unmöglich, denn alle Darbietungen befinden sich auf beeindruckend hohem Niveau.
Großen Respekt nötigen die Tierdressuren ab, sei es mit Hunden, Pferden oder Löwen, denn die Tiere werden ohne Ausreißer durch eine Manege von nur 15 Metern Durchmesser geschickt. Bei teils vier Pferden gleichzeitig wirkt das wie ein Ritt auf der Rasierklinge.
Die Tiere kommen vor allem bei den zahlreichen kleinen Zuschauern gut an. "Die Hunde haben mir super gefallen, die waren lustig", freut sich der elfjährige Kester Michaelis über die tanzenden Vierbeiner von Marina und Igor Markevitch. Kester ist mit seinen Eltern und Geschwistern hergekommen. "Wir gehen öfter in den Zirkus, es hat uns sehr gut gefallen. Und Oleg Popov ist natürlich eine Legende", sagt seine Mutter.
Popov ist einer der drei Clowns, die die Akrobaten immer wieder mit ihren humorigen Einlagen unterbrechen oder die Umbaupausen füllen. Popov, Wladimir Fesenko und Gagik Avetisyan schaffen es mit einfachsten Mitteln, das Publikum zum Lachen zu bringen. Während der 80-jährige Popov auch melancholische Töne anschlägt, wirbelt der kleine Armenier Avetisyan als aufgedrehter Charlie Chaplin durch die Manege - und weit darüber hinaus. Er ist derjenige, der die Besucher wie kein zweiter einbindet und sie für ein paar Minuten selbst zu Zirkusstars werden lässt.
Der Nerven aufreibendste Moment der Show ist sicherlich die waghalsige Nummer des Daniel-Diorio-Motorradstunt-Teams. Vier Brasilianer mit ihren Motocrossmaschinen durchrasen eine 4,40 Meter durchmessende Stahlkugel, von denen es laut Moderator Thierry Dourin nur sechs auf der Welt gibt. "Die sind irre", sagt Dourin zurecht. Bekommt man bei den ersten Fahrten schon Gänsehaut, ist es schier unglaublich zu sehen, dass sich die Kugel im Laufe des rasanten Ritts auch noch öffnet.
Nicht zu unterschlagen sind auch die weiteren Artisten, Ballettänzer und Magier - um es kurz und knapp zu sagen: "Da ist für jeden was dabei." So formuliert es jedenfalls Familie Böning, die gleich mit drei Generationen die Premiere besuchte.