Ratingen: Bescherung bei der Tafel

Die Ratinger packten Pakete mit kleinen Leckereien für Bedürftige, die am Donnerstag ausgegeben wurden.

Ratingen. "Das ist Weihnachten, ja, wirklich, das ist Weihnachten." Rose Friedrich ist tief gerührt. Mit Tränen in den Augen verstaut sie Plätzchen, ein Paket Kaffee, ein Glas Honig und einen kleinen Christstollen in einer Plastiktüte.

"Das hätte ich mir alles nie kaufen können", sagt die betagte Frau, nachdem sie bei der Ratinger Tafel ein Weihnachtspäckchen erhalten hat. Sie ist eine von den vielen Bedürftigen in der Stadt. Rund 5.000 hat das Sozialamt ermittelt, etwa 500 davon haben sich mittlerweile bei der Tafel registrieren lassen.

Für sie war gestern schon Bescherung: Eingeschlagen in Weihnachtspapier standen in den Regalen der Tafel zahllose Kartons mit kleinen und leckeren Aufmerksamkeiten für jene, die sich normalerweise nur das Lebensnotwendige leisten können, für die eine Packung Spritzgebäck schon Luxus ist.

"Wir sind von der Hilfsbereitschaft der Ratinger total begeistert", freut sich Ingrid Bauer, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei der Tafel. 364 Pakete hätten die Leute in zwei Tagen vorbeigebracht. "Viele Alleinstehende haben gespendet, aber auch viele Großeltern haben mit ihren Kindern die Pakete gepackt.

Denen hat man angemerkt, dass sie Freude daran haben, anderen eine Freude zu machen." Neben diesen Einzelspenden haben sich auch die Firmen Vodafone und KPMG aus Düsseldorf spendabel gezeigt und unter anderem kleine Plüschtiere für Kinder geschenkt.

Kaffee, Schokolade, Plätzchen, Lebkuchen, Dominosteine, Pralinen, aber auch Spargel im Glas, Oliven, Instant-Cappuccino und Früchtetees finden sich häufig in den gespendeten Kartons - Besonderheiten, die sonst nie auf dem Einkaufszettel stehen. Eher gedankenlos wirken dagegen Tüten mit Nudeln oder Spaghetti, die ebenfalls in den Kartons landeten.

Vereinzelt gibt es eine Flasche Wein oder einen Piccolo. "Damit haben wir noch Probleme", sagt eine Tafel-Helferin. Einerseits möchte man den Beschenkten diesen kleinen Luxus gönnen, andererseits habe man Sorge, dass Alkoholkranke in Versuchung geführt werden könnten.

Galina Naykina freut sich jedoch riesig über das Fläschchen Sekt - "für Heiligabend", verrät sie gerührt. Sie stammt aus St. Petersburg und war Bauingenieurin, spricht besser Englisch als Deutsch. Seit vier Jahren lebt die ältere Dame schon in Ratingen, kommt nur gerade so über die Runden. "Ich möchte der Stadt für die sehr gute Idee und die Aufmerksamkeit danken", formuliert sie langsam. Dass die Wohltaten von der Tafel stammen, weiß sie nicht.

"Es ist toll, was die da machen", freut sich Gabriele Lohmann. "Ich hätte mir das nicht leisten können", sagt sie und verstaut eine Bienenwachskerze und ein kleines Gesteck mit Christbaumkugeln in einer Tüte.

Auch wenn sie schön gepackt sind, erweisen sich die gespendeten Kartons als unpraktisch. "Die Leute kommen ja nicht mit dem Auto, sondern müssen die Sachen tragen können", merkt eine ehrenamtliche Helferin an. Also werden immer wieder Plastiktüten verteilt.

"Danke, es ist wirklich eine schöne Sache", strahlt der junge Familienvater Mose Dencha, als er allerlei Schokosachen einpacken darf. Als Arbeitsloser kann er seinen drei kleinen Kindern nicht so oft Süßigkeiten kaufen, wie die es gerne hätten.

"Ich bin froh, dass es solche Hilfe gibt", erzählt Evelyn Menne. Mit ihren sechs und neun Jahre alten Kindern hat sie es in der Weihnachtszeit besonders schwer: überall Wunschzettel, aggressive Fernsehwerbung, viel Gerede in der Schule. "Ich muss dann immer sagen: Das oder das können wird uns nicht leisten. Es tut mir dann leid, aber es ist eben so."

Um den Kindern dennoch etwas schenken zu können, muss Monate vorher schon Geld abgezweigt werden. Teuere Geschenke sind dennoch nicht drin: Der Junge bekommt ein im Internet ersteigertes Fußballtrikot, die Tochter einen ausrangierten Computer. "Aber sie bräuchten auch Unterwäsche..."