Ratingen: Zeitzeuge des Flüchtlingslagers

Yildirim Denizli wird mit seinen Roma-Porträts in einer Düsseldorfer Ausstellung gefeiert.

Ratingen. Am Dienstag war ein großer Tag für Yildirim Denizli, den Deutsch-Türken aus Ratingen. Er gestaltete mit 28 farbenfrohen Bildern den Festakt und die Ausstellung zum Gedenken an die ermordeten Sinti und Roma Europas in der Düsseldorfer Mahn- und Gedenkstätte.

Der Künstler wurde 1946 im Südwest-Kaukasus geboren. Sein Vater war Metzger, der weder lesen noch schreiben konnte. Er selbst schlug sich zeichnend durchs Leben. Den Besuchern seiner Ausstellung erklärte er: "Ich hatte schon als Schüler imm+++er kleine Heftchen bei mir, und das ist auch heute noch der Fall."

Denizli brachte es für seine Familienverhältnisse weit. Er studierte in Istanbul und in Düsseldorf an den Kunstakademien, und er perfektionierte sein Talent. In Ratingen liebt man seine Porträts. Inzwischen entwickelt er für die Stadt Ratingen Projekte mit Kindern und Jugendlichen oder macht Vorschläge für die Ogata.

1994 hatte er sein Aha-Erlebnis, das jetzt zur Ausstellung führte. Er erzählt: "Ich ging wie so oft durch die Ratinger Innenstadt. Da fielen mir Menschen auf, die nicht dem deutschen Durchschnittsbürger entsprachen. Das interessierte mich." Er fragte im Integrationsamt nach und erfuhr von dem Flüchtlingslager Am Sondert.

Am Sondert liegt in den Wäldern zwischen Ratingen und Essen am Breitscheider Kreuz. In den 90er Jahren waren dort Flüchtlinge des Jugoslawienkriegs untergebracht, vor allem Roma. Er suchte Kontakt: "Ich wollte die Leute mit den bunten Kleidern, den vielen Kindern, den langen Nasen, dem fremden Blick porträtieren." Er fand Kontakt: "Ich war ja selber nicht deutschstämmig. Ich sprach ja dasselbe Gastarbeiter-Deutsch wie sie."

Als erstes gewann er die Kinder, die spontan zu ihm kamen, als er seine Pappen hervorholte, die Buntstifte spitzte, die Kreiden und Pinsel bereithielt. Später schauten ihm auch die Erwachsenen über die Schultern. Entstanden sind abstrahierte, leicht verfremdete Gestalten, die eng nebeneinander hocken. Er erzählt: "Ich wollte es bunt haben. Die Farbe ist doch eine Hoffnung für diese Menschen." In Düsseldorf umwickelt er die Bilder allerdings mit Draht, um auf die Angst, die Skepsis, die Aussichtslosigkeit zu verweisen.

Beim Festakt sprach Ratingens pensionierter Integrationsbeauftragter Franz Naber. Seine Situationsbeschreibung klang kritisch: "An Sondert wohnten die Menschen manchmal jahrelang auf vier Quadratmeter Fläche pro Person. Ein großer Hund braucht doppelt so viel Platz." Am Sondert sei ein "Getto im Walde", wo die Menschen oft auch nach 20 Jahren keine Perspektive hätten.