Ratingen: Flucht auf die „Notinsel“
Geschäfte als Anlaufstellen: Die CDU möchte das Hilfsprojekt auch in Ratingen etablieren.
Ratingen. Alltägliche Szenen: Ein kleiner Junge wird von einem Großen bedroht, geschubst, gehauen. Ein Mann spricht ein junges Mädchen an, läuft ihr nach und belästigt sie. Zwei Jugendliche verfolgen einen Jüngeren, jagen ihm Angst ein. Wenn nicht gerade Erwachsene einschreiten, müssen in der Regel die Kinder allein mit diesen Notsituationen zurecht kommen.
In manchen anderen Städten gibt es für die Bedrängten allerdings Fluchtpunkte, in denen sie Hilfe bekommen. Solche so genannten "Notinseln" können Einzelhandelsgeschäfte sein, aber auch Bäcker, Metzger, Friseure, kleinere Läden, Apotheken, öffentliche Einrichtungen und sogar Banken.
Eine solche Aktion "Notinsel" soll es nach dem Wunsch der CDU auch in Ratingen geben. In einem Schreiben an Bürgermeister Harald Birkenkamp bittet die Fraktion die Verwaltung, die Aktion vorzubereiten und den Kinderschutzbund in die gesamte Planung einzubinden.
Das Projekt "Notinsel" wurde vor drei Jahren von der "Hänsel+Gretel-Stiftung" initiiert und inzwischen in fast 70 Städten bundesweit eingeführt. Und so funktioniert das Projekt: Die Stadtverwaltung, eine Gemeinde oder eine gemeinnützige Organisation wie etwa der Kinderschutzbund übernimmt die Trägerschaft und arbeitet dann mit regionalen Partnern zusammen.
Jedes Notinsel-Partnergeschäft unterschreibt eine Selbstverpflichtung, Kindern in Notsituationen zu helfen. Das Geschäft erhält dann einen Aufkleber, der gut sichtbar für Kinder angebracht wird. Außerdem liegen im Laden regionale Notrufnummern aus, die Mitarbeiter sind zudem eingewiesen, was im Notfall zu tun ist.
"Wir haben mit den Partnern bisher nur gute Erfahrungen gemacht", erklärt Jerome Braun, Notinsel-Geschäftsführer. Inzwischen gebe es fast 70 Standorte - von Großstädten wie Berlin und Hamburg bis hin zu kleineren Orten im Sauerland. Und die Befragungen der Partnergeschäfte zeigen immer wieder, dass das System funktioniert, dass die Kinder in Notlagen tatsächlich diese Hilfe in Anspruch nehmen.
Dabei dient der Aufkleber als Signal: "Wo wir sind, bis du sicher!", will man den Kindern vermitteln. Braun weist darauf hin, dass das Netzwerk an Notinseln nicht lückenlos sein kann, auch nicht muss. Jedes Geschäft, das sich an dem Netzwerk beteiligt, ist aber ein Zeichen für die Kinder, das ihnen Mut machen und auch ein Stück Sicherheit bieten kann. Braun: "Die Geschäfte bilden eine Gegenfront gegen potenzielle Täter und gegen Gewalt."