Ratingen: Landesmuseum - Erfrischende Geschichtsstunde

Beim Aktionstag „Preußen“ standen Uniformierte Modell, Rede und Antwort.

Ratingen-Hösel. Erst ertönt ein ohrenbetäubender Knall, dann quillt dicker weißer Rauch aus Pulverpfanne und Lauf der Flinte, ein bestialischer Gestank nach Schwefel breitet sich auf dem Absatz der Feuertreppe des Oberschlesischen Landesmuseums aus. Die Museumsbesucher nehmen vorsichtig die Finger aus den Ohren, während so mancher Anwohner erschrocken aus dem Fenster schaut und nach dem Urheber des Krachs Ausschau hält.

Der Schuldige ist ein Musketier der "5. preußischen Brigade", der soeben die Funktionsweise einer Flinte aus den napoleonischen Kriegen erläutert und höchst lebendig demonstriert hat - selbstverständlich ohne Kugel im Lauf und somit - abgesehen vom Lärm - völlig ungefährlich.

Derart lebendige Geschichte erlebt man nicht alle Tage, Sonntag aber gestalteten Mitglieder der "Interessengemeinschaft Historischer Alltag" einen Aktionstag "Preußen" im Höseler Museum. Die "Hobby-Preußen" haben sich der authentischen Nachstellung des historischen Alltags verschrieben und diese bis ins Detail perfektioniert.

Zur aktuellen Sonderausstellung "Anfang und Ende Preußens in Schlesiens" passen natürlich vor allem die militärischen Darstellungen, behandelt die Ausstellung doch mit dem Zeitgeschehen von den Schlesischen Kriegen (1740-63) bis zum Ende Preußens 1947 eine Epoche, die Preußens unvergessenes Image als Militärmacht prägte. An verschiedenen Stationen stellten am Sonntag die geschichtsbegeisterten Herren sich und ihre "Waffengattung" vor, und demonstrierten, dass hier keine ungenaue oder gar verfälschte Romantisierung betrieben wird.

Nicht nur die Uniformen und Requisiten sind originalgetreu gestaltet, auch das Hintergrundwissen der Amateure ist erstaunlich, rührt zum großen Teil aus der handfesten Auseinandersetzung mit der Thematik: "Nach dem ersten Schuss ist die Uniform nicht mehr schick, dann hat man überall Ruß und Pulverrückstände", schmunzelt ein "Linieninfanterist" und auch seine Kollegen von der schlesischen Landwehr, der ersten deutschen Wehrpflichtigenarmee, halten nicht viel von Glanz und Gloria: "Bei dem Marschpensum konnte man zum Austreten nicht ständig anhalten - man ließ es einfach laufen und alle Paar Wochen wurde die Wäsche ausgekocht!"

Neben dem hervorragend gestalteten und ebenso informativen wie unterhaltsamen Vortrag standen die Protagonisten den interessierten und zum Teil sehr gezielten Fragen der Besucher kompetent Rede und Antwort, ohne dabei aus der Rolle zu fallen - eine wirklich erfrischende Art der Wissensvermittlung.