Ratingen: Schwere Zeiten für Stadtwerke

Die Initiative Gasstammtisch sieht das Unternehmen vor dem Ruin. Dagegen bescheinigen Finanzexperten dem Geschäftsführer erfolgreiche Arbeit.

Ratingen. Das ist starker Tobak: Der Gasstammtisch Ratingen, eine Interessengemeinschaft von Stadtwerke-Kunden, werfen dem Geschäftsführer der Stadtwerke, Friedrich Schnadt, vor, er habe "das ehemals profitable Unternehmen kurz vor den Ruin" geführt. Dass aus einem Gewinn von 2,9 Millionen Euro im Jahre 2007 ein Verlust von 800 000 Euro in 2008 wurde, könne nur mit dem "völligen Versagen des Geschäftsführers" zu erklären sein. Deshalb müsse Schnadt sofort ausgewechselt werden.

Stehen die Stadtwerke wirklich vor der Pleite? Wie gesund ist das Unternehmen? Wurde an der Spitze tatsächlich schlecht gewirtschaftet? "Völliger Unsinn", stellt CDU-Finanzexperte Gerold Fahr fest. Schnadt habe vielmehr eine "außerordentlich glückliche Hand" beim Energieeinkauf gehabt, so dass die Stadtwerke die turbulenten Zeiten der Wirtschaftskrise verlustfrei überstehen konnten. Für sein gutes Wirtschaften wurde Schnadt auch von allen Parteien im Rat gelobt.

Dass das Unternehmen Stadtwerke dennoch finanziell in die Bredouille gekommen ist, könne man nicht dem Geschäftsführer anlasten. Zum Hintergrund: Die Bilanz für 2008 wies ein Minus von 800 000 Euro auf, das durch zwei Millionen aus der Gewinnrücklage noch in ein Plus gedreht werden konnte. Deshalb wittert der Gasstammtisch den Untergang des städtischen Versorgungsunternehmens.

"Dies kann man dem Geschäftsführer nicht anlasten", betont Fahr. Die Ursachen für den Gewinneinbruch lägen woanders: Nach den hohen Erträgen der Stadtwerke vor einigen Jahren habe die politische Mehrheit im Rat beschlossen, die Tarife zu senken. Was gut für die Kunden war, war schlecht für die Stadtwerke: Der Gewinn schrumpfte. Als Schlag ins Kontor erwies sich dagegen die Vorgabe der Regulierungsbehörde für die Netznutzungsentgelte, dass die Stadtwerke für "energiewirtschaftliche Risiken"

Rückstellungen in Millionenhöhe bilden müssen: In der aktuellen Bilanz sind das 4,6 Millionen Euro. Fahr: Wenn die Netznutzungsentgelte deutlich gesenkt werden, müssen die zuviel eingenommene Beträge zurückgezahlt werden. Und das drohe möglicherweise auch im Gasbereich. "Das ist aber alles nicht existenzbedrohend." Leonora Holling vom Gasstammtisch sieht das anders: "Ich gehe davon aus, dass die Rückstellung ausgezahlt werden muss." Außerdem drohen sinkende Einnahmen durch Abwanderung von Kunden.

Noch ist nicht klar, wie sich die Durchleitungskosten entwickeln werden. "Wenn es gut läuft, können die Stadtwerke die Rückstellung auflösen, was rechnerisch dann noch einen Gewinn ergibt", sagt Horst Becker, Mitglied im Aufsichtsrat. Geschäftsführer Friedrich Schnadt sieht die Senkung der Netzengelte gelassen: Die Stadtwerke müssten dann selbst weniger zahlen. Außerdem: Die Millionen-Rückstellung habe jetzt einmalig die Bilanz belastet, in den nächsten Jahren profitiere man aber davon, weil man häppchenweise diese Rückstellung aufbrauchen kann.

Schnadt sieht trotz aller Unwägbarkeiten zuversichtlich nach vorn: Ohne die geforderte Rückstellung hätten die Stadtwerke mit einem Plus von 3,9 Millionen abgeschlossen - trotz hoher Investitionen. So habe allein die Übernahme des Wassernetzes in Breitscheid, Hösel und Eggerscheidt acht Millionen gekostet, insgesamt wurden fast 17 Millionen Euro investiert.

Solche Kraftakte stünden in den nächsten Jahren nicht an. Auch im Bäderbereich wird es ruhiger: Mehr als eine Million Euro wurden hier 2008 investiert (Sanierung Freibad Mitte, Ruhehaus in der Sauna), dadurch schloss die Bädersparte mit einem Minus von 3,2 Millionen Euro ab.

An Rücktritt denkt Schnadt nicht: "Der wurde auch gefordert, als die Stadtwerke hohe Gewinne gemacht haben."