Velbert: Buchhandlung Löhr gibt auf

Der traditionsreiche Velberter Familienbetrieb schließt zum Jahresbeginn 2010. Zu groß ist die Konkurrenz durch Internet-Versandhandel und Buchkaufhäuser.

Velbert. Im vergangenen Jahr wurde noch das 100-jährige Bestehen gefeiert. Doch inzwischen ist die Feststimmung bei Löhr gründlich verflogen. "Wir werden im kommenden Jahr schließen müssen", sagt Senior Horst Haaf, der gemeinsam mit Sohn Andreas das Geschäft an der Bahnhofstraße betreibt. "Es lohnt sich nicht mehr."

Im deutschen Buchhandel finde eine starke Konzentration auf die so genannten Buchkaufhäuser statt, die immer mehr kleine Buchhandlungen in besten Lagen aufkaufen würden, hat Haaf in einem Schreiben an seine Kundschaft argumentiert.

Doch an diesem Vormittag herrscht im Geschäft reges Kommen und Gehen. Viele Kunden fragen nach Literatur über die Region Niederberg und auch Wuppertal, die die örtlich verwurzelte Buchhandlung reichlich im Sortiment hat.

Aber die Stammkundschaft reißt es nicht heraus. "Für viele ist der Bezug von Büchern über das Internet deutlich bequemer", sagt Horst Haaf. Die Literatur wird über den Versand ins Haus gebracht und kann bei Nichtgefallen auf dem gleichen Weg zurückgeschickt werden. Dieser Bereich des Buchhandels habe in den letzten Jahren stark zugenommen.

Auch das Schulbuchgeschäft fehlt dem Händler. Die Beschaffung dieser Bücher erfolge jetzt im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen durch die örtliche Verwaltung. Jeder könne ein Angebot abgeben. Da der Preis für jedes Buch festgesetzt sei, muss das Los entscheiden. Löhr ging dabei bislang leer aus.

Der 1924 geborene Horst Haaf hat in die Familie Löhr eingeheiratet. Er hat eine Lehre als Buchbinder durchlaufen und die Buchhändlerprüfung in Köln abgelegt. Sein Schwiegervater Wilhelm Löhr hatte die Buchhandlung 1908 gegründet. Er wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ermordet, als er einen Dieb stellte. Tochter Gerda und Schwiegersohn Horst Haaf führten die Buchhandlung fort. Das Firmenlogo wurde die Eule.

Sozusagen goldene Zeiten erlebte der Buchhandel in den 60er- und 70er-Jahren - unter anderem wegen des Aufkommens des Taschenbuchs. Damals war die Struktur im Einzelhandel generell noch eine andere - Horst Haaf berichtet von 164 selbstständigen Kaufleuten und Familienunternehmen in Velbert.

Mit der Einführung des Euro hingegen sei es bergab gegangen: "Auf einmal wurde überall gespart, auch an den Büchern", sagt der Velberter. Konsequenz: Haaf und sein Sohn Andreas, der seit 1992 im Geschäft ist, gaben den unwirtschaftlich gewordenen Ladenteil an der Corbygasse auf. Das gesamte Angebot konzentrierte sich nun auf den 200 Quadratmetern an der Bahnhofstraße 5. Von ursprünglich 16 Mitarbeitern blieben nur noch vier.

Doch auch so rechnet sich das Geschäft laut Horst Haaf nicht mehr. Siegfried Lenz, Ulla Ranke-Heinemann, Uta Danella, Ulla Hahn, Rainer Barzel, den Russlandexperten Klaus Mehnert und viele andere Autoren holte er in den vergangenen Jahrzehnten zu Lesungen nach Velbert.

"Als Buchhändler fühlte ich mich auch immer der Bildung verpflichtet", sagt der 85-Jährige, der das "Feuerschiff" von Siegfried Lenz als sein Lieblingsbuch nennt. Uta Danella schrieb einst ins Gästebuch "Danke an den tüchtigen Buchhändler, der meine Bücher verkauft. Das soll so bleiben". Dieser Wunsch wird sich jedoch nicht erfüllen lassen.