Wülfrath: Herr Steinbrück, helfen Sie!“

Während der Betriebsrat weiter um Unterstützung wirbt, erhöht die Geschäftsführung den Druck: „Es eilt.“ Außerdem stehen Kurzarbeit und eine zweiwöchige Betriebsruhe an.

Wülfrath. Verhärtete Fronten, weitere juristische Auseinandersetzungen und Verhandlungen über ausgeweitete Schließungszeiten rund um die Weihnachtsfeiertage und Silvester: Besinnlichkeit wird in der Adventszeit bei Tedrive kaum einziehen. Die Angst um 280 Arbeitsplätze. Verhandlungen, die für gescheitert erklärt werden, bevor sie begonnen haben. Verstöße gegen das Mitbestimmungsrecht.

Die Belegschaft an der Henry Ford II.-Straße schluckt, schüttelt den Kopf und protestiert - zum Beispiel auf der Bühne der Stadthalle, als dort der Bundesfinanzminister zum SPD-Bundestagskandidaten für den Süd-Kreis nominiert wurde: "Steinbrück, hilf!" Und die Geschäftsführung? Gestern meldete sie sich zu Wort. Versöhnlich im Ton, unverändert hart in der Sache, gab sich Geschäftsführer Nils-Johann Fleck zuversichtlich, "dass wir bis Mittwoch nächste Woche einen Fortschritt erzielt haben und sagen können, wann die offiziellen Verhandlungen über den Interessensausgleich beginnen."

Michele Dattaro, IG-Metall-Bevollmächtigter, kritisiert die Haltung der Geschäftsführung: "Die erklärt die Verhandlungen über den Interessensausgleich für gescheitert, dabei haben diese Verhandlungen noch gar nicht angefangen." Das Institut, das für Betriebsrat und Gewerkschaft die Unternehmenszahlen zurzeit durchsieht, habe die Arbeit noch nicht beendet. "Es wird noch geprüft. Erst danach kann ernsthaft miteinander gesprochen werden."

Fleck hat "durchaus Verständnis" für diese Haltung, "aber wir können nicht auf Zeit spielen. Wir stehen unter Druck". Und deswegen wolle die Geschäftsführung, wie er einräumt, mit der formellen Erklärung, dass die Verhandlungen gescheitert seien, auch Druck ausüben. "Wir haben die Einigungsstelle bereits angerufen."

Seit der Bekanntgabe, dass bis 2010 bis zu 280 Stellen abgebaut werden sollen, habe sich die Lage noch einmal verschärft. Fleck: "Wir haben das strukturelle Problem und jetzt auch noch die Absatzkrise im Automarkt." Im neuen Jahr werde der Umsatz um 20 Prozent zurückgehen. Der neuen Situation wolle man mit Kurzarbeit und Betriebsruhe kurzfristig begegnen. Geplant ist, dass das Werk in der letzten Woche 2008 und in der ersten Woche 2009 geschlossen bleibt - "wie bei unseren Auftragsbetrieben". Fleck geht davon aus, dass darüber in dieser Woche mit den Arbeitnehmervertretern Einigung erzielt wird.

Darüber hinaus halte das Unternehmen an den Zielen, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, fest. "Und das eilt. Wir müssen die personelle Anpassung schnell angehen. Wir haben mehr Mitarbeiter als Arbeit", so Fleck. Jeder weitere Monat mit einem großen Personalüberhang koste bares Geld. Dabei, fügt er an, werden aber auch alle anderen Kosteneinsparungschancen geprüft, "damit so wenig Stellen wie möglich wegfallen müssen". Hinter den Kulissen werde bereits viel mit dem Betriebsrat gesprochen.

Gegenüber der WZ widerspricht Fleck dem von der IG Metall vermittelten Eindruck, die Ausbildung solle eingestellt werden. Davon könne keine Rede sei. "Wir haben zurzeit 42 Azubis an Bord. Es ist richtig, dass wir mittelfristig die Zahl der Ausbildungsplätze dem gesamten Personalbesatz anpassen werden. Aber alle Azubis werden hier ihre Lehrzeit zu Ende bringen. Und wie vertraglich zugesichert, haben sie danach Anspruch auf ein Jahr Weiterbeschäftigung bei Tedrive", versichert Nils-Johann Fleck.