Kritik aus Kreis Viersen an NRW-Finanzminister Wirbel um Einsprüche gegen Grundsteuer
Kreis Viersen · Im Kreis Viersen gibt es überdurchschnittlich viele Einsprüche gegen die Grundsteuerbescheide. Der FDP-Landtagsabgeordnete Dietmar Brockes spricht von „Chaos“. Was entgegnet der NRW-Finanzminister?
Die Festsetzung der neuen Grundsteuer sorgt bei vielen Eigentümern weiterhin für großen Unmut — insbesondere im Kreis Viersen. Hier wurden überdurchschnittlich viele Einsprüche gegen den Grundsteuerbescheid erhoben. Das geht aus einer Antwort des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalens auf eine Anfrage des Brüggener Landtagsabgeordneten Dietmar Brockes (FDP) hervor.
Die Grundsteuererklärung musste bis Ende Januar 2023 beim zuständigen Finanzamt eingereicht werden. Insgesamt mussten die Finanzämter Viersen und Kempen rund 74 500 und 53 350 neue Bescheide ausstellen, wovon bislang 70 000 und 51 000 ausgestellt wurden. Bei den fehlenden Grundsteuererklärungen schätzt das Finanzamt bislang lediglich, was für die Finanzämter Viersen und Kempen rund 3100 und 2800 Schätzungen sind. Die Schätzung befreit dabei allerdings nicht von der Pflicht der Abgabe einer Grundsteuererklärung.
Im Gebiet der Finanzämter Viersen und Kempen gibt es insgesamt 9400 (13,5 Prozent) und 6400 (12,8 Prozent) Einsprüche zum Grundsteuerwertfeststellungsbescheid sowie 5500 (7,9 Prozent) und 3600 (7,1 Prozent) Einsprüche zum Grundsteuermessbetragsbescheid. Zum Vergleich: Landesweit gibt es 726 000 (12,6 Prozent) Einsprüche zum Grundsteuerwertfeststellungsbescheid und 348 000 (6,2 Prozent) Einsprüche zum Grundsteuermessbetragsbescheid.
Angesichts der hohen Einspruchszahlen fordert der FDP-Landtagsabgeordnete Dietmar Brockes, dass „das Grundsteuerchaos umgehend sowohl im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler als auch im Sinne der Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten beendet wird“.
Brockes zeigt dabei Verständnis für die Einsprüche gegen die Grundsteuerbescheide und betont gleichzeitig, dass die Finanzbeamten keine Schuld treffe, da diese die Last einer „verfehlten Steuerpolitik“ tragen müssen.
Brockes sieht vor allen Dingen den NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) in der Pflicht zu handeln: „Der Finanzminister beschäftigt sich nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit mit den rechtlichen Einwänden gegenüber seiner Neuberechnung der Grundsteuer. Da der Großteil der Einsprüche die Klärung offener Rechtsfragen betrifft, muss der Finanzminister dafür sorgen, dass Musterverfahren zugelassen werden, in denen die offenen Rechtsfragen geklärt werden können und gleichzeitig alle abhängigen Einsprüche in der Zwischenzeit ruhend stellen“, fordert der Freidemokrat.
Brockes schlägt vor, dass auch die noch ausstehenden Bescheide mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen werden müssten. „So können diese bis zur Klärung der offenen Rechtsfragen bestehen und wir vermeiden weitere Einsprüche, sodass diese nicht weiter die Finanzämter lahmlegen.“
Er kritisiert: „Bislang verschließt sich der Finanzminister Optendrenk jedoch jeder effizienten Lösung.“
Und was entgegnet Optendrenk auf die Kritik? Sie sei nicht nachvollziehbar, sagt er. „Das in Nordrhein-Westfalen geltende Grundsteuer-Bundesmodell geht auf einen Vorschlag des damaligen Bundesfinanzministers Olaf Scholz zurück. Es ist nach sorgfältiger Prüfung durch die gesetzgebenden Organe in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zustande gekommen und in Kraft getreten“, betont der Minister.
In diesem Verfahren liegen noch keine Klagebegründungen vor
„Daher ist es von der Finanzverwaltung auch anzuwenden.“ Auch das Sächsische Finanzgericht gehe von der Verfassungsmäßigkeit des Grundsteuergesetzes aus. Optendrenk: „Etwaige dennoch bestehende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells können in Kürze auch in Nordrhein-Westfalen von den Finanzgerichten überprüft werden. Hierzu haben wir vor einigen Wochen den Weg durch Einspruchsentscheidungen frei gemacht.“ Optendrenk erklärte, er begrüße es, dass es nun zu einer gerichtlichen Klärung kommt. „Das ist das in unserem Rechtsstaat vorgesehene und bewährte Verfahren.“ In diesen Verfahren lägen allerdings noch keine Klagebegründungen vor, hieß es aus dem Finanzministerium.
Diese seien zunächst abzuwarten. Sollte es sich um geeignete Musterverfahren handeln, seien die Voraussetzung grundsätzlich erfüllt, um Einsprüche in ähnlich gelagerten Fällen ruhend zu stellen.