Ein Traum von Mitbewohnern
Daniel Schauer aus Tönisberg ist hirngeschädigt. Er möchte mit anderen Betroffenen eine Wohngemeinschaft gründen.
Niederrhein. Sein Traum ist geplatzt. Im Bruchteil von Sekunden: „Ich wollte Autoschlosser werden, das war mein Traumberuf, dann kam der Unfall, alles vorbei“, erzählt der junge Mann. Die Folge: Hirnschädigung. Jetzt, sieben Jahre nach dem Unfall, hat Daniel Schauer einen neuen Traum: „Ich möchte gern mit anderen Betroffenen zusammenleben.“
Heimlich zeigt Daniel Schauer aus Tönisberg Fotos von einem Trümmerhaufen: „Das war mein Auto nach dem Unfall, Mutter mag die Bilder nicht mehr sehen, sie hat genug durchgemacht.“ Tatsächlich betreut Petra Schauer ihren Sohn seit dem Unfall. Tag und Nacht. Ist nun am Ende ihrer Kräfte: „Irgendwann geht einfach nichts mehr.“
Monate lang lag Daniel im Koma, dann Kliniken, Reha, Therapien. Bis heute. Immer dabei: die Mutter. Sie kämpfte für die bestmögliche Behandlung, gab ihren Beruf auf, Ehe und Familie zerbrachen darüber: „Von den Verwandten hilft keiner.“
Daniel ist geistig und körperlich gut dabei. „Aber ohne regelmäßige Therapie sack’ ich wieder ab, mein Gehirn braucht Training“, erklärt er. Konzentration und Gedächtnis, Ausdauer und Gehfähigkeit wollen ständig geschult werden.
Doch der 25-Jährige traut sich zu, mit ambulanter Unterstützung sein Leben soweit möglich selbst in die Hand zu nehmen: „Nur allein wohnen will ich nicht.“
Und da kommt die Arbeiterwohlfahrt (Awo) ins Spiel: „Wir unterstützen Herrn Schauer in seinem Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben“, sagt Monika Pietruschka vom „Kompetenzzentrum für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen“ (KMeH) in Kempen. Gefördert von der Aktion Mensch, soll Betroffenen wie Daniel ein Wohnen mit Begleitung, also ambulanter Betreuung, ermöglicht werden.
„Wir suchen einerseits Mitbewohner für Herrn Schauer, die auch an Hirnschädigungen leiden“, erläutert Monika Pietruschka das Projekt. Ihre Kollegin Ricarda Hölters ergänzt: „Andererseits brauchen wir eine geeignete Wohnung in der Region und hoffen, dass sich zum Beispiel Baugesellschaften, Hausbesitzer oder Makler melden.“
Darauf baut auch Daniel Schauer: „Und ich wünsche mir natürlich nette Mitbewohner, vielleicht nicht zu alt, das ist mein Traum.“ Fasst sich an seine Kappe, lächelt und wirbt: „Das kann auch lustig sein, ich bin manchmal ein Komiker.“
Schnell wird er wieder ernst: Der nette junge Mann wünscht sich sehnlichst, dass nicht dieser Traum auch wieder platzt.