Ausstellung „Heimatfront Niederrhein“: Eine regionale Sicht auf den Ersten Weltkrieg
Die Folgen des Weltkriegs für den Alltag zeigt das Freilichtmuseum mit der Ausstellung „Heimatfront Niederrhein“.
Grefrath. Der Erste Weltkrieg gilt als die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts. Rund 17 Millionen Menschen sind ihm zwischen dem Ausbruch 1914 und dem Ende 1918 zum Opfer gefallen. Zum 100. Jahrestag in diesen Tagen gibt es neben Gedenkfeiern auch zahlreiche Ausstellungen.
Mit der Austellung „Heimatfront Niederrhein“, die am Sonntag in der Dorenburg zu sehen sein wird — widmet sich das Niederrheinische Freilichtmuseum nun einer besonderen Facette des Krieges. 200 Exponate und Bilder zeigen die Auswirkungen des Krieges auf den Alltag der Menschen am Niederrhein. „Wir zeigen, wie dieses Ereignis sich auf die Region ausgewirkt hat. Dadurch nimmt man es als eine regionale Geschichte wahr“, sagt Museumsleiterin Anke Wielebski.
Der Vorteil dieser neuen Wahrnehmung des 100 Jahre alten Geschehens ermögliche eine stärkere Identifikation mit dem Thema. „Die Geschichte bekommt so ein Gesicht“, sagt Wielebski.
Für die Historikerin Anisha Mülder-van Elten von der Universität Düsseldorf, die zusammen mit Wielebski die Ausstellung ausgearbeitet hat, gab es im Zuge der Recherchen auch neue Erkenntnisse. „Es war überraschend, wie selbstverständlich die Menschen schon kurz nach Kriegsausbruch Güter über die niederländische Grenze geschmuggelt haben“, sagt Mülder-van Elten.
Dies sei mit dem Fahrrad aber auch in einer großen Gruppe mit mehreren Karren geschehen, denn bereits 1914 wurde die Versorgungssituation mit Lebensmitteln knapper und die Entbehrungen waren groß. „Während der Mobilmachung war am Niederrhein eigentlich Erntezeit, doch viele Helfer aus den Nachbarländern, kamen ja nicht mehr“, erklärt Museumsleiterin Wielebski. Daher musste sehr viel importiert werden.
Doch die Ausstellung zeichnet anhand mehrerer Biografien von jungen Soldaten aus der Region auch die anfängliche Euphorie und die schnelle Ernüchterung über den Krieg nach. „Knapp die Hälfte der Exponate stammt aus Privatbesitz, was gut ist, weil wir so ihre Geschichte kennen“, erklärt Wielebski. Zudem steckten somit viel mehr Emotionen in den Stücken. „Das ist es doch, was es ausmacht.“
Zur Verfügung gestellt wurde von einer Nettetaler Familie unter anderem ein gut erhaltenes Reservistengeschirr. Eines der skurrileren Stücke ist hingegen ein Pferde- oder Rinderknochen, den ein Soldat mit einer Reichsflagge bemalt hatte. Und auch für die Ohren gibt es etwas in der Ausstellung. Studenten von Anisha Mülder-van Elten haben Briefe der Soldaten an ihre Familien vorgelesen und aufgenommen. Jetzt muss nur noch der dafür notwendige Computer angeschlossen werden. „Wir haben ja auch noch ein paar Tage Zeit bis zum Ausstellungsstart“, sagt Anke Wielebski. JH