Die Zeche ist jetzt ein Denkmal

Minister Groschek schließt sich der Meinung des LVR an. Aus dem von der Stadt Kempen genehmigten Abriss der Tönisberger Anlage wird vorerst nichts.

Die Zeche ist jetzt ein Denkmal
Foto: Kurt Lübke

Tönisberg. Am Donnerstag um 11.13 Uhr hatte das lange Warten ein Ende: Per E-Mail informierte das NRW-Bauministerium alle Beteiligten über die Entscheidung zum Denkmalschutz der Zechenanlage in Tönisberg. Das Ergebnis: Förderturm, Maschinenhaus und Schachthalle sind Denkmäler.

„Die rechtlichen Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes sind klar und eindeutig. Nachdem wir alle Beteiligten angehört und das Gelände besichtigt haben, konnte es nur die Entscheidung geben, die Schachtanlage unter Denkmalschutz stellen zu lassen“, ließ Minister Michael Groschek (SPD) über die Pressestelle mitteilen. „Schacht 4 der Zeche Niederberg hat in vielfacher Hinsicht eine herausragende Bedeutung: Er ist bedeutend für die regionale Geschichte und für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsprozesse. Für die Erhaltung und Nutzung der Schachtanlage liegen letztlich sowohl städtebauliche als auch wissenschaftliche Gründe vor.“

Damit hat die Stadt Kempen im „fachlichen Dissens“ (Bürgermeister Volker Rübo) den Kürzeren gezogen. Die Untere Denkmalbehörde der Stadt hatte die Zechenanlage nicht als denkmalwürdig eingestuft. Diese Meinung stand im Konflikt mit der des Denkmalamtes beim Landschaftsverband Rheinland (LVR). Deren inzwischen in den Ruhestand getretene Experte Professor Walter Buschmann sah in verschiedenen Punkten einen Denkmalwert. Deshalb wurde der jetzt gefällte Ministerentscheid seitens des LVR eingefordert.

„Eine lange Hängepartie ist jetzt beendet. Wir haben nun Klarheit“, sagte Rübo in einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch. Gemeinsam mit den Beigeordneten Stephan Kahl und Hans Ferber wirkte er dabei aber alles andere als glücklich: „Wir akzeptieren diese Entscheidung und gehen entsprechend damit um.“

Das Ministerium weist die Stadt an, die drei Gebäude in die Denkmalliste einzutragen. „Das werden wir bis zum 1. März tun“, so Kahl. Wie es danach weitergeht, ist derzeit offen. „Über den weiteren Umgang mit dem Baudenkmal wird in einem denkmalrechtlichen Verfahren entschieden. Denkbar ist der komplette Erhalt oder Teilerhalt der Schachtanlage. Unter Berücksichtigung der strengen denkmalschutzrechtlichen Vorgaben ist aber auch ein Abriss nicht ausgeschlossen.“

Heißt: Das Ministerium kann sich wohl auch vorstellen, dass nur der Zechenturm stehenbleibt. „Das ist aber reine Spekulation“, so Volker Rübo, der den Ball nun im Spielfeld der Ruhrkohle AG (RAG) sieht. „Die RAG ist als Eigentümerin für ihr Denkmal verantwortlich.“

Die Immobiliengesellschaft des Bergbauunternehmens hat die von der Stadt genehmigten Abrissarbeiten nach eigenen Angaben bereits ausgeschrieben. Aus dem Abriss dürfte aber vorerst nichts werden. „Es dürfen zwar auch Denkmäler abgerissen werden“, erklärte am Donnerstag Beigeordneter Ferber. „Neben der Abbruchgenehmigung bedarf es dann aber auch zusätzlich einer denkmalrechtlichen Erlaubnis.“

„Wir sehen Handlungsbedarf auf die RAG zuzugehen“, so Ferber. „Dabei wollen wir erfahren, was das Unternehmen jetzt plant.“ Im äußersten Fall hätte die Stadt auch die Möglichkeit die Abbruchgenehmigung, die sie 2013 erteilt hat, zu widerrufen. Nach der Entscheidung aus Düsseldorf muss die Stadt das nach eigenen Angaben in Erwägung ziehen. Von der RAG gab es am Donnerstag keine Stellungnahme zu den jüngsten Entwicklungen.

Das Denkmalverfahren hat am 14. Mai 2002 mit dem Unterschutzstellungsantrag des LVR begonnen. Laut Stadt gab es im Laufe der Jahre mehrere Ortstermine und Gespräche. Irgendwann habe man dann nichts mehr vom LVR gehört. Erst als die Stadt den Abriss 2013 genehmigt hatte, sei die Erinnerung seitens des LVR an ein „laufendes Verfahren“ erfolgt.

In der elf-seitigen Ministerentscheidung übt die Behörde in Düsseldorf deshalb Kritik am LVR: Es sei „misslich, dass der LVR im weiteren Verlauf nicht deutlicher auf einen zügigen Verfahrensabschluss gedrängt hat“. Schärfer ist die Kritik an der Stadt Kempen: „Das ändert nichts an der gesetzlichen Verantwortung der Stadt Kempen als Unterer Denkmalbehörde.“ Die Erteilung einer Abbruchgenehmigung vor Abschluss des Unterschutzstellungsverfahrens „bedeutet zumindest eine Verletzung der Sorgfaltspflichten“. Das sieht die Verwaltung anders: Weil sich der LVR nicht mehr gerührt habe, sei das Verfahren für die Stadt erledigt gewesen.