Exotische Tiere zum Anfassen
Füttern und Streicheln sind ausdrücklich erlaubt: Senioren und Kinder gehen im Altenzentrum auf Tuchfühlung mit Python, Alligator, Stachelschwein und Co.
Oedt. „Schneeflöckchen“ ist über zwei Meter lang, gelb-weiß gefleckt und hat eine Haut aus tausenden Schuppen. Vor allem aber verbindet der Tigerpython die Generationen: Senioren und Kindergartenkinder sind gleichermaßen begeistert von dem imposanten Tier. Sowohl die Bewohner des Evangelischen Altenzentrums als auch die Kinder aus der DRK-Kita, die sich Mittwochvormittag im Seniorenheim versammelt haben, möchten die Schlange anfassen, streicheln oder — mit vereinten Kräften — sogar hochheben.
„Die Riesenschlangen sind der Höhepunkt“, sagt Martin Tränkler, der mit dem „Rollenden Zoo“ seiner Familie nach Oedt gekommen ist. Dabei hat er in seinem Anhänger noch viele weitere ungewöhnliche Exemplare dabei. Neben Affen, Frettchen und Stinktieren kommt auch das Stachelschwein gut an: „Das mag ich am liebsten, weil es so viele Stacheln hat“, verkündet die fünfjährige Caroline.
„Je kleiner, desto besser“, lautet dagegen die Devise von Maria Steger. Die Seniorin lebte früher auf einem Bauernhof und ist mit Tieren groß geworden. Ihr haben es nicht nur die Frettchen angetan: „Die kleinen Äffchen sind so gelehrig, die nehmen einem das Futter sogar aus der Hand.“
Füttern und Anfassen ist ausdrücklich erlaubt, während Martin Tränker mit lauter Stimme von der Lebensweise der mitgebrachten Tiere berichtet. Bei den fast 100 Zuschauern herrscht dabei gespannte Stille. „Erstaunlich, manchmal laufen schon nach ein paar Minuten die ersten wieder weg“, freut sich Michael Hahn vom Sozialen Dienst des Seniorenheims über die gute Resonanz.
Auch Berührungsängste kennen die meisten der jungen und alten Tierfreunde nicht: Selbst der junge Alligator wird gestreichelt. Und die Riesenschildkröte „Paulchen“ erhält den einen oder anderen kräftigen Klopfer auf den Panzer.
Seit 48 Jahren gibt es den Rollenden Zoo, der Altenheime in ganz Nordwest-Deutschland besucht. „Wir kommen in die vertraute Umgebung der Senioren“, erläutert Ninja Tränkler, die mit ihrem Mann Karl die Tiere aus dem Anhänger holt. „In diesem Umfeld trauen sie sich eher, auch mal ein ungewöhnliches Lebewesen anzufassen.“
Wenn sie mit einem Stinktier auf dem Arm durch die Reihen geht, spricht sie ganz gezielt solche Senioren an, die durch ihre Demenz teilnahmslos wirken und nur noch schwer kommunizieren können. „Wenn die so ein kuscheliges Tier anfassen können, blühen die Senioren richtig auf“, hat sie beobachtet.
Diese Erfahrung hat auch Michael Hahn gemacht: „Mit Tieren finden wir oft einen ganz neuen Zugang zu den alten Menschen, gerade bei denen, die früher selbst welche hatten.“ Spätestens, als einige Mutige „Schneeflöckchen“ auf den Arm nehmen, ist das Eis gebrochen: fünf- und fünfund—achzig-Jährige jubeln und applaudieren gemeinsam — so verbindet eine Schlange die Generationen.