Haushalt gebilligt — Abrechnung mit den Grünen

Nach fast zehn Monaten sind die Beratungen — ohne die Grünen — zu Ende. Für ihr Fernbleiben gab es in der Debatte harsche Kritik.

Kempen. „Der Tag der Abrechnung“ — wenn man einen Filmtitel für die Ratssitzung am Dienstagabend suchen müsste, würde dieser wohl am besten passen. Es war eine Abrechnung mit den Grünen. CDU, SPD, FDP und Freie Wähler Kempen (FWK) schossen sich bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes 2011/12 auf die Grünen ein. Weil diese es abgelehnt hatten, an den interfraktionellen Spar-Beratungen mit der Verwaltung teilzunehmen. Fraktionschef Martin Debener hatte diese Gespräche mehrfach als „Hinterzimmerpolitik“ und „undemokratisch“ bezeichnet, an der sich die Grünen nicht beteiligen.

„Der Vorwurf, Entscheidungen hinter verschlossenen Türen getroffen zu haben, ist durch nichts begründet und mit aller Deutlichkeit zurückzuweisen“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Wilfried Bogedain. „Es ist vielmehr der Versuch, von der eigenen Passivität und fehlendem Verantwortungsbewusstsein abzulenken.“

Auch die SPD wies die Grünen-Kritik deutlich von sich: „Man kann Ihre unangebrachte Beschimpfung nur als reines Ablenkungsmanöver vom eigenen Fehlverhalten werten“, sagte Detlef Krahé, der in Vertretung für Fraktionschef Andreas Gareißen die Haushaltsrede hielt. Gareißen wurde erst kürzlich am Knie operiert und konnte am Dienstagabend nicht an der Sitzung teilnehmen.

FDP-Fraktionschefin Irene Wistuba kam am Schluss ihrer Rede auch auf die Grünen zu sprechen: „Es ist schon mehr als nur nervig, dass Sie, Herr Debener, nahezu gebetsmühlenartig versuchen, die Situation um die Sparrunden zu verdrehen.“

Und schließlich ging auch FWK-Fraktionschef Udo Kadagies zum Angriff über: „Die Grünen haben die Gespräche aus parteitaktischen Gründen boykottiert, aber in den meisten Ausschüssen, die sich mit dem Haushaltsentwurf befasst haben, keinerlei Sachfragen gestellt.“

Das wies Debener in seiner Rede von sich: „Unsere Vorschläge sind doch von Ihnen allesamt bereits im letzten Jahr abgelehnt worden.“ Die Grünen hätten bereits 2010 Sparpotenziale aufgezeigt — vor allem in der Energiepolitik. Debener: „Anträge der Grünen werden aber im Rat und in den Ausschüssen grundsätzlich von Ihnen polemisiert und abgelehnt.“

Und jetzt zu den Fakten: Der Haushalt mit den Defiziten von 5,1 (2011) und knapp vier Millionen Euro (2012) wurde gebilligt — gegen die Stimmen der Grünen.

„Mit dem heutigen Tage geht ein Beratungsmarathon zu Ende“, sagte Wilfried Bogedain über die fast zehn Monate dauernden Gespräche. Die Ergebnisse der Beratungen bezeichnete er als „positiv“, dennoch: „Von einem strukturellen Haushaltsausgleich sind wir noch meilenweit entfernt.“ Sparpotenziale sieht die CDU künftig bei den Energiekosten. In diesem Fall stehen die Christdemokraten an der Seite von SPD und Grünen: „Wir unterstützen daher auch den Antrag von Bündnis’90/Die Grünen, eine Aufstellung der Verbrauchsdaten der öffentlichen Gebäude vorzulegen.“

Eine Zustimmung mit „einigen Einschränkungen“ für den Haushalt gab es von der SPD. So werden die Sozialdemokraten die geplante Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern ab 2013 nicht mittragen. „Dieses Signal sollten wir nicht schon jetzt setzen“, so Detlef Krahé.

Zweiter großer Kritikpunkt der SPD ist der Personalplan der Verwaltung — wie schon in den vergangenen Jahren. Eine unabhängige Überprüfung, die von Bürgermeister Volker Rübo (CDU) abgelehnt werde, könnte aber Sparpotenziale aufzeigen.

Auf das städtische Personal ging auch Udo Kadagies (FWK) ein: „Nach Feststellung des Gemeindeprüfungsamtes hat die Kempener Verwaltung etwas mehr Personal als vergleichbare Kommunen.“ Es solle zwar keinen Stellenabbau geben. „Aber jede frei werdende Stelle darf nicht von außen neu besetzt werden.“ Zudem wollen die Freien Wähler „weitere Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuern in den nächsten Jahren möglichst vermeiden“.

Irene Wistuba (FDP) erwähnte in ihrer Rede die Einsparungen beim Busverkehr für Schüler in den Außenbezirken. „Weitere Kürzungen in diesem Bereich wollen wir vermeiden.“ Und auch die Senioren-Initiative (SI), für die städtische Zuschüsse gekürzt wurden, dürfe nicht weiter belastet werden. „Wenn das so weitergeht, wäre das Eigenkapital des Vereins in zirka fünf Jahren verbraucht. Es ginge also an die Substanz“, warnte Wistuba, die stellvertretende Vorsitzende der SI ist. Sie ergänzte im Übrigen, dass sie bei den Sparberatungen in Sachen SI „wegen Befangenheit nicht teilgenommen hat“.

Mit Blick auf den Haushalt 2011/12 merkte Martin Debener in Richtung Verwaltung an, dass „Kempens Haushaltslage übertrieben schlecht dargestellt“ werde. „Wie immer werden die Einnahmen der Gewerbesteuer zu niedrig angesetzt, um nachher besser dazustehen.“ In NRW gebe es viele Städte, denen es wesentlich schlechter geht. „Kempen gehört immer noch zu den reicheren Kommunen in Nordrhein-Westfalen.“