Grefrath Hilfe im deutschen Behörden-Dschungel

Am Donnerstag ist im Grefrather „Dingens“ ein Beratungsangebot für Flüchtlinge gestartet worden.

Foto: Kurt Lübke

Grefrath. Der 38-jährige Syrer, nennen wir ihn Ahmed R., hat eine große Isoliertasche dabei, wie man sie üblicherweise für Tiefkühlware aus dem Supermarkt verwendet. Sie ist voller Papier: Dokumente aus seiner kriegszerstörten Heimat und von hiesigen Behörden.

Ahmed R. braucht dringend einen Übersetzer, der Urkunden vom Arabischen ins Deutsche übersetzt — für die Krankenkasse. Er ist in Begleitung der ehrenamtlichen Helferin Marie-Theres Pickhardt ins Grefrather „Dingens“ gekommen. Auch die Mülhausenerin wusste irgendwann nicht mehr weiter im deutschen Behörden-Dschungel.

Seit Donnerstagnachmittag finden in dem Grefrather Jugendheim, zwischen Kickertisch und Sofa-Ecke, regelmäßig Treffen für Flüchtlinge statt. Bis auf Weiteres wird das Gebäude gegenüber dem Rathaus an jedem zweiten Donnerstag zum „Future Place for Refugees“. Zu einem Ort, an dem etwas für die Zukunft der Männer und Frauen aus Ländern wie Syrien, Afghanistan oder Pakistan getan werden soll. Ins Leben gerufen wurde die Beratung von der Flüchtlingshilfe „Grefrath hilft“ in Zusammenarbeit mit der „Mobilen Jugendarbeit“. Beteiligt sind unter anderem auch die Awo, der Sozialpsychiatrische Verbund Haus an der Dorenburg und das Rote Kreuz.

Die Premiere ist ein Erfolg. Bereits mehrere Minuten vor 14 Uhr warten etwa 20 Menschen auf Einlass. Als Eckhard Klausmann die Tür öffnet, bildet sich sofort eine Schlange. Der Mitorganisator begrüßt jeden persönlich. „Please come in.“ Dann beginnt das große Fragen: „Deutsch?“ — „Nein.“ — „Englisch?“ — „Bisschen.“

Jeder erhält zunächst einen Zettel, auf dem in drei Sprachen nach dem aktuellen Problem oder Anliegen gefragt wird. Die Bandbreite der anzukreuzenden Themenfelder reicht von „Freizeit“ bis „Konflikte. „Der eine will einfach nur Sport machen, der andere versteht das Formular XY nicht“, beschreibt Klausmann.

Auch die Arbeitsagentur Krefeld und das Jobcenter Kreis Viersen sind mit ihrem gemeinsamen „Integration Point“ vor Ort. Einer der Vorteile: Die Flüchtlinge müssen nicht extra in die Kreisstadt fahren. Laut Mitarbeiterin Ute Straeten geht es um die Einbindung der Menschen in den Arbeitsmarkt, unter anderem über die Vermittlung von Sprache. „Wir identifizieren die Kenntnisse und Fähigkeiten und bauen darauf auf.“

Eckhart Klausmann hat Ahmed R. und Marie-Theres Pickardt inzwischen weiterhelfen können. Er kennt einen Übersetzer in Krefeld. „Es reichen eingescannte oder fotografierte Dokumente, die per Mail verschickt werden“, gibt er einen weiteren Tipp. „Wichtig ist, dass ein Original-Ausweis oder eine Meldebescheinigung vorliegt.“

Die Flüchtlingskrise, das wird bei den Gesprächen im „Dingens“ überdeutlich, ist auch eine bürokratische Herausforderung ohne Vergleich. „Wenn wir diese Beratung nicht machen würden, würde sie überhaupt nicht stattfinden“, ist sich Eckhard Klausmann sicher.