In die Arbeitswelt schnuppern
Wirtschaft: 700Schüler schauen sich am „Tag der offenen Tür in Nettetaler Betrieben“ um und machen neue Erfahrungen.
Nettetal. Schokolade am Mund, Eigelb an den Fingern: Cisem ist schwer beschäftigt, schlägt Eier auf, lässt den Inhalt in eine Schüssel laufen. Und was gibt das, wenn’s fertig ist? Die 14-Jährige schaut fragend Ernst Göbbels an. Der Bäckermeister erklärt geduldig: "Das wird ein Sandteig für Kuchen." Cisem und ihre Mitschüler dürfen richtig ran am "Tag der offenen Tür in Nettetaler Betrieben". Gemeinsam mit 52 weiteren Nettetaler Firmen gewährte Göbbels einigen Schülern gestern Einblicke in die Arbeitswelt.
Ernst Göbbels, Bäckermeister
Cisem weiß, dass Bäcker früh raus müssen: "Bestimmt schon so um sieben", schätzt sie. Meister Göbbels lacht: "Nee, um drei geht’s los!" Die Schüler staunen, doch Geselle Tobias Bigalke erklärt: "Man gewöhnt sich dran." Er lässt die Schüler der Hauptschule Kaldenkirchen und der Hinsbecker Comeniusschule Teigstücke für Croissants zusammenrollen. Chef Göbbels freut sich über den Eifer der Schüler: "Vielleicht hat ja jemand wirklich Interesse. Gute Auszubildende haben wir immer gern."
Gute Nachwuchskräfte sind auch im Curanum-Altenpflegeheim Breyell gefragt: "In der Pflege muss man ein bisschen Liebe geben können, alte Menschen mal in den Arm nehmen", schildert Inge Paschmanns vom Sozialen Dienst des Heims. Die Kinder mehrerer Schulen und ihre Lehrer schauen sich vorsichtig um unter all den alten Leuten. "Hier im Dementenbereich brauchen unsere Bewohner eine besondere Betreuung", flüstert Paschmanns. "Dement? Das ist doch, wenn jemand fast alles vergessen hat", weiß Linda und bekundet "großes Interesse" am Pflegeberuf. "Bei uns gibt’s noch andere Berufe in Verwaltung, Hauswirtschaft, Küche", zählt Heimleiterin Lydia Berg auf.
Um sich hineindenken zu können in die Welt der alten Menschen, setzen sich die jungen Leute in Rollstühle, schieben sich gegenseitig, dürfen dann auch Bewohner schieben. "Gefällt mir", zeigt sich Linda beeindruckt.
Geradezu begeistert sind Veronique und ihre Mitschülerinnen - modische BHs haben es ihnen angetan: Sie besuchen "Dessous Selke" in Kaldenkirchen, Chefin Jakobine Hermanns macht mit den Kaldenkirchener Hauptschülern ein Rollenspiel über Verkaufssituationen. Veronique liebäugelt zwar mit einem Designberuf, "aber so was hier käme auch infrage". Mit Schnuppern allein aber ist’s nicht getan: "Wir werden den Tag im Unterricht auswerten", verkündet Lehrerin Daniela Schrömgens. Auch in den Firmen wird die Veranstaltung nachbereitet - Jakobine Hermanns: "Wir müssen alle überlegen, ob wir nicht mehr ausbilden können." Zunächst nehmen die Schüler nur erste Eindrücke mit - bei Bäcker Göbbels allerdings noch mehr: "Wir dürfen Schokocroissants probieren, lecker!", lacht Cisem und wischt sich die Schokolade vom Mund.