Kempen: Altenpflege - Alter Herd hilft beim Erinnern
Im Hinsbecker Marienheim werden Demenzkranke betreut. Ihren Tagesablauf können sie selbst bestimmen. Das soll den Bewohnern helfen und die Stimmung heben.
Hinsbeck. Vor 140 Jahren wurde das Marienheim an der Landstraße nach Lobberich gebaut. Vor 30 Jahren wurde das Dorf-Krankenhaus zum Alten- und Pflegeheim umgebaut. Nun entstand eine der modernsten Demenz-Abteilungen des Landes. Sie bietet Wohn- und Lebensraum für 18 Bewohner.
Das Besondere an der neuen Abteilung mit dem Namen Lukas: Die Bewohner bestimmen ihren persönlichen Tagesrhythmus, sind aber nie alleine. Für das Personal gibt es zwar ein Schwesternzimmer im Flur, aber gemeinsam verbringt man die meiste Zeit in Küche und Wohnbereich.
Breite Flure, Licht und Farben, kräftiges Orange und helle Wände vermitteln ein besonderes Lebensgefühl. Sensoren sorgen für gleich bleibendes Licht. Bewegungsmelder schalten nachts das Licht im Flur ein, wenn jemand vom Zimmer in die Wohnküche geht mit einer Koch-Insel mitten im Raum. Arbeitsflächen sind ausziehbar, so dass auch Rollstuhlfahrer Kartoffeln schälen oder Gemüse putzen können.
In der Wohnküche geht die Sonne nicht unter. Wer morgens früh aufsteht, kann bei einer Tasse Kaffee den Sonnenaufgang beobachten. Und am Abend erleben die Bewohner oft gemeinsam, wie die Sonne hinter dem Haus nach Nord-Westen verschwindet.
"Früher bestimmten starre Abläufe den Tagesrythmus. Das ist vorbei", freut sich Birgit Rudolph. Die Altenpflegerin arbeitet seit 1989 im Marienheim und hat das Konzept für die Demenz-Abteilung mit entwickelt. Die Bewohner können aufstehen, wann sie möchten. Sich selbst eine Tasse Kaffee einschütten. Weg von der Rundum-Versorgung: Das Frühstück wird nicht mehr komplett zubereitet serviert.
"Die Bewohner sind viel wacher", so Rudolph. Sogar Neurologen hätten positive Entwicklungen bei den Patienten festgestellt. Das Geheimnis: Erinnerungsstücke sollen Hirn, Geist und Stimmung beleben.
"Erinnerungsstücke sind das Allerneueste", unterstreicht Verwaltungsleiter Willi Pollmanns. Er zeigt auf einen über 100 Jahre alten Kohleherd zwischen Wohnküche und Aufenthaltsbereich, den eine Hinsbecker Familie gestiftet hat. Er wird nicht mehr befeuert, aber täglich liebevoll von Bewohnern geputzt. Handtücher werden zum Trocknen an die Umrandung gehängt. "Das hat meine Oma schon gemacht", meint eine hochbetagte Dame.
Eine Hand-Kaffeemühle aus der Vorkriegszeit weckt Erinnerungen an Wiederaufbau und Wirtschaftswunder. Es gibt einen über 50 Jahre alten Wohnzimmerschrank, im Flur steht eine alte Nähmaschine nebst Knopf- und Nähkästchen.
1850 Gründung des Vinzencvereins für ambulante Krankenpflege und Selbsthilfe durch die gräfliche Familie Schaesberg-Thannheim.
1856 Zwei Ordensschwestern (Franziskanerinnen) ziehen nach Hinsbeck, um Kranke zu pflegen.
1859 Im Nerschhof an der Hauptstraße eröffnet die erste feste Kranken- und Pflegestation.
1867 Neubau des Krankenhauses "Marienheim" am Ortsausgang.
1970 Landesweit Auflösung kleiner Krankenhäuser.
1977-1978 Planung zum Umbau in ein Alten- und Pflegeheim.
1980 Der erste Abschnitt mit Umbau und Erweiterung wird fertig.
1995 Anbau eines Saales.
1998 Einrichtung einer Tagespflegestation mit zwölf Plätzen.
2004 Bau eines Cafés.
2007 Fertigstellung einer modernen Demenz-Abteilung mit 18 Plätzen. Außerdem hat das Marienheim 112 Alten- und Pflegeplätze. Es gibt 110 Mitarbeiter (72 Vollzeitstellen). Träger des Marienheims ist die katholische Pfarrgemeinde St. Peter.