Kempen: Im Rathaus sind die Weiber los
Donnerstagmittag übernahmen die Möhnen im Rathaus das Zepter. Nicht nur Bürgermeister Hensel hat vor den Alten gehörigen Respekt.
Kempen. Ein Marsianer, der gestern auf dem Buttermarkt gelandet wäre, hätte Kempen für komplett verrückt erklärt. Die Kempener? "Alles Narren", hätte er mit Blick ins Rathaus-Foyer in sein Raumschiff gefunkt.
Verständlich. Ein Prinzenpaar, das die ganze Zeit "Helau" ruft. Ein Bürgermeister als Hausmeister Krause, ein Erster Beigeordneter als Fitness-Trainer mit Hanteln, drumherum Piraten, Cowboys und Kühe.
Mittendrin steht Julia Röber. Die 21-Jährige ist eine der Möhnen, die zu Altweiber den Aufstand proben. "Macht super Spaß", sagt sie.
Kurz nach 12 Uhr stürmt sie mit ihren Mitstreiterinnen in Kleidern ihrer Uroma Frida die Bühne. Karl Hensel ist ihr erstes Opfer: "Rein in den Kittel, weg mit dem Bier", rufen sie. Dann drücken sie Volker Rübo Hanteln in die Hand. Rübo muss seine Qualitäten als Vorturner unter Beweis stellen, Hensel einen Nagel treffsicher in einem Brett versenken, Hans Ferber als Feuerwehrmann mit einer Wasserpistole eine Kerze ausschießen. Für Susanne Fritzsche war die Rolle einer Putzfrau vorgesehen. Doch keine Spur von der ehemaligen Technischen Beigeordneten, die im März ins Nettetaler Rathaus wechselt.
Das härteste Los haben wohl die Möhnen selbst gezogen, die unter ihren Masken gehörig ins Schwitzen geraten. "Ich bin froh, wenn ich aus den Klamotten raus bin", sagt Julia Röber.
Der Tag einer Möhnen beginnt übrigens als ganz normaler Arbeitstag. Auch für die Verwaltungsfachangestellte Julia Röber, die beim Ordnungsdezernenten Ferber im Vorzimmer sitzt: "Um 10.15 Uhr haben wir dann die ersten zwei Gläser Sekt getrunken und uns umgezogen." Dann beginnt der Streifzug durch die Ämter. Dabei werden ein, zwei Lieder angestimmt, noch ein, zwei Sekt getrunken, ein paar Schlipse gekappt. So schunkeln sie sich vor bis zur Verwaltungsspitze. Die hat mittlerweile gehörigen Respekt vor den Möhnen. "Man weiß nie, was die mit einem anstellen. Da bin ich immer etwas angespannt", gesteht Bürgermeister Hensel.
Das kosten die alten Weiber natürlich voll aus: "Das schöne ist, dass wir unserem Chef einmal richtig auf der Nase ’rumtanzen können", sagt die 21-Jährige aus St. Hubert. Am schönsten sei es allerdings, mit allen zusammen feiern zu können. Bis 18 Uhr, schätzt sie, werde es wohl noch gehen. Und der Marsianer, der hätte bestimmt mit gefeiert.