Kreis Viersen: Zwischen Schock und Gelassenheit
Die SPD zitterte gestern Abend um Uwe Schiefners Bundestagsmandat, derweil die CDU das Wahlziel für erfüllt erklärte.
Kreis Viersen. Entspannt ging der SPD-Kandidat Udo Schiefner den Tag an. Bereits um 8.45 Uhr machte der Kandidat aus Kempen im Wahllokal an der Kamperlingser Kirche St.Josef seine Kreuzchen. Anschließend besuchte der 50-Jährige das Grab seines Vaters Franz, der gestern 85 Jahre alt geworden wäre und ebenfalls eine Galionsfigur der SPD in Kempen war.
Nach dem anstrengenden Wahlkampf setzten sich Schiefner und seine Frau Daniela ins Auto und fuhren bei herrlichem Herbstwetter 120 Kilometer nach Bad Honnef zum Wandern. Kurz nach 18 Uhr traf ein sonnengebräunter Schiefner dann im Viersener Kreishaus ein.
Eine Stunde nach der Schließung der Wahllokale guckten alle Besucher im Kreishaus gebannt auf die Hochrechnungen im Fernsehen. Die zehn Prozent Verlust sorgten bei der SPD für schlechte Stimmung und hängende Schultern. Stefan Berger, CDU-Landtagsabgeordneter für den Kreis Viersen, gab sich sehr entspannt: "Eine gute Nachricht", sagte er. "Die klare Mehrheit ist ein klares Zeichen für Schwarz-Gelb. Das Wahlziel ist damit erreicht."
Die leichten Verluste könne man hinnehmen - zumal die, so Berger weiter, wohl an die FDP gegangen seien. Er spekuliert, dass jetzt mit neuer Regierung die großen Parteien wieder eine Chance hätten, sich zu erholen und künftig wieder besser zu werden.
Uwe Schummer, CDU-Bundestagsabgeordneter des Kreises, suchten die Besucher im Kreishaus anfangs vergeblich. Der Grund: Er wollte zunächst im Kreis seiner Parteifreunde im Schloss Neersen die ersten Ergebnisse abwarten, um später zu den Kreishausbesuchern hinzuzustoßen. Vom CDU-Kreisvorsitzenden Marcus Optendrenk bekam er später am Abend einen Blumenstrauß überreicht. "Da ist schon viel Gelb drin", sagte er mit Blick auf die Sonnenblumen schmunzelnd.
Man stärkte sich gestern im Wahllokal zwischendurch mit Suppe, Mett- und Lachsbrötchen. "Ich muss erst mal was essen auf den Schock" sagte Günter Thönnessen, Bürgermeister von Viersen, und griff zur Frikadelle. "Mir ist nicht nach Lachs." Thönnessen (SPD) hatte ganz klar mit mehr als 25 Prozent gerechnet.
"Wir haben Grund zur Freude, aber nicht zum Jubeln", sagte CDU-Landtagsabgeordneter Christian Weisbrich. Und setzte nach: "Die SPD ist auf dem sicheren Weg zum Projekt 18." Den großen Parteien sei die Regierungsverantwortlichkeit nicht gut bekommen, mutmaßte er. Sie hätten nur deshalb verloren, weil sie in der Großen Koalition gewesen seien.
Während schon die ersten Wahlprognosen viele Besucher im Kreishaus beruhigten, herrschte bei der SPD noch Hochspannung. Sie musste noch bangen um den Einzug Udo Schiefners in den Bundestag. Seine Ehefrau Daniela zeigte sich um 19.20 Uhr dennoch gelassen: "Die Runde ist erst dann zu Ende, wenn der Gong ertönt.
Mein Mann ist keiner, der aufgibt." Es ist bereits der zweite Versuch des Kempeners. Doch: Aller guten Dinge sind drei. Falls es mit dem Mandat nicht klappen sollte, wolle er sich in vier Jahren erneut zur Wahl stellen.