Niers-Express: NWB und VRR geloben Besserung
Die Verantwortlichen stellen sich der Kritik der Pendler. In Werkstatt und Ausbildung soll investiert werden.
Kempen. Als 1862 die erste Eisenbahn in Kempen einfuhr, wurde sie mit Böllerschüssen und Fahnen begrüßt. Davon berichtete Bürgermeister Volker Rübo zu Beginn des Bürgergesprächs zum Bahnverkehr im Rathaus. Heute ist wohl den wenigsten Bahnfahrern danach zumute, wenn sie morgens am Bahnhof stehen.
Beim Regionalexpress (RE 10) von Kleve nach Düsseldorf sind Verspätungen, Zugausfälle und überfüllte Wagen an der Tagesordnung. Nun stellten sich Vertreter von Nordwestbahn (NWB), Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und der DB Netz AG der Kritik. Rund 80 Teilnehmer waren dabei, darunter auch Bahnfahrer aus anderen Kommunen und Vertreter der Kempener Politik.
Viele Berufspendler schilderten ihre Sorgen. Wie eine Frau, die ihren Job gar nicht mehr hätte, hätte sie keine Gleitzeit. Oder der Schüler, der wegen der Zugverspätungen schon 64 Fehlstunden angehäuft hat.
Die Fahrgastzahlen seien gestiegen, erklärte Martin Husmann, VRR-Vorstand, die Probleme, dass es häufig eng wird in den Zügen. „Kernproblem ist aber, dass nicht immer mit der bestellten Behängung gefahren wird“, sagte Husmann. Sprich: Die NWB fährt mit zu wenigen Waggons. Hinzu kämen, so Husmann, Probleme in der Infrastruktur.
Nordwestbahn-Geschäftsführer Hansrüdiger Fritz präsentierte Zahlen zum ersten Halbjahr 2013: Die Pünktlichkeit liege bei 92 Prozent. „Das ist ein unterdurchschnittlicher Wert. Daran wollen wir arbeiten“, so Fritz. 1,4 Prozent der Züge fielen aus, für 60 Prozent davon liegen die Gründe bei der NWB. 0,56 Prozent der Züge seien nicht mit der ausreichenden Zahl an Waggons gefahren (interne Gründe: 82 Prozent). Ein Bürger traute dieser Statistik nicht: „92 Prozent Pünktlichkeit sagt für Kempen gar nichts aus, denn das wird am Zielbahnhof gemessen.“
Die Verantwortlichen konnten den Bürgern nach eigenen Angaben gute Nachrichten präsentieren. Die NWB will fast eine Million Euro in ihre Werkstattkapazitäten investieren, um die Instandhaltung der Wagen zu verbessern. Außerdem will das Unternehmen ein Ausbildungsprogramm starten, um durch mehr Personal Ausfälle zu vermeiden.
Die DB Netz AG will auf der Strecke des RE 10 die veralteten Anlagen an den Bahnübergängen 2014 und 2015 modernisieren, erklärte Michael Käufer von der DB Netz. Die Planungen liefen.
Viele Bahnfahrer, das wurde bei diesem Bürgergespräch deutlich, sind selbst zu Experten geworden, wenn es um Fahrpläne, Zugtypen und -ausstattung geht. Sie hatten Verbesserungsvorschläge mitgebracht. „Dass man sich so in die Züge reinquetschen muss, liegt auch daran, wie die Züge konstruiert sind.
Das ist der schlechteste Zug, den ich je gesehen habe — und ich habe viele gesehen“, erklärte eine junge Frau und bekam dafür Applaus. Die Züge seien kürzer als die der Deutschen Bahn, die bis 2010 auf der Strecke fuhren. Zwei Türen seien zu wenig, die Gepäckablagen nicht groß genug, es fehlten Haltegriffe für Stehplätze, so die Kritik.
Das von den Bürgern gewünschte Zugmodell werde nicht mehr hergestellt. Ein Wechsel der Züge im laufenden Vertrag könne nicht geleistet werden, erklärte Husmann. Und der Vertrag gilt, wie schon berichtet, bis 2025.
Der VRR will die Entwicklung der Fahrgastzahlen auf der Strecke im Auge behalten. Dafür sollen Anlagen zur automatischen Zählung eingebaut werden. Steigt die Zahl der Fahrgäste, sei man bereit, zusätzliche Züge zu bestellen. „Es sind für die Strecke Kempen-Krefeld bereits zusätzliche Verkehre bestellt worden“, erinnerte Husmann.
Auch die NWB ist gesprächsbereit. Aber, man sei ein Unternehmen und zusätzliche Aufgaben müssten auch finanziert werden, so Fritz. Der NWB-Geschäftsführer gab aber einem Bürger Recht, der einwandte, dass das Netz schon sehr ausgelastet ist. „Wir sind in allen Bereichen an der Grenze.“