Rechtsstreit: Was wird aus dem Windrad?
Die Stadtwerke haben den Prozess gegen den insolventen Betreiber gewonnen. Die Zukunft der Oirlicher Anlage bleibt offen.
Hinsbeck. Die Schlacht um das neun Jahre alte Oirlicher Windrad ist entschieden. Die Betreiber-Gesellschaft Umweltkontor (Erkelenz) ist pleite, die Nettetaler Teilhaber haben ihr Geld verloren - und die Nettetaler Stadtwerke haben den Rechtsstreit in zweiter und letzter Instanz vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gewonnen. Über ihre Sicht der Dinge informierten die Geschäftsführer Norbert Dieling und Bürgermeister Christian Wagner gestern zusammen mit Haus-Justitiar Peter Klocke.
"Die Berufung haben wir komplett gewonnen", fasste Klocke die schriftliche Urteilsbegründung des OLG zusammen. Im Tenor sei das Gericht "vollständig der Linie der Stadtwerke gefolgt". Und auch in den technischen Fragen sei "der Senat den Feststellungen des von Umweltkontor vorgeschlagenen Gutachters gefolgt".
Pikantes Detail am Rande: Während Umweltkontor prozessierte, damit die Stadtwerke Nettetal den gesamten angebotenen Strom abnehmen und entsprechend bezahlen müssen, kämpfte die Erkelenzer Firma parallel in Lübeck. Dort sollte der Hersteller des Windrades verklagt werden, weil die Anlage in Oirlich nicht ordnungsgemäß lief. Nur durch Zufall erfuhr Klocke vom entsprechenden Beweis-Sicherungsverfahren, einen Hinweis von Umweltkontor gab es nicht. Wagner, selber Jurist: "Rein formal ist das wohl Prozess-Betrug."
Und wie geht es mit dem weithin sichtbaren Windrad jetzt weiter? "Wir wollen da nichts reinstecken", sind sich die beiden Geschäftsführer einig. Und mit einstimmiger Rückendeckung des Aufsichtsrates wurde der Vorschlag des Umweltkontor-Nachfolgers abgelehnt, mit Hilfe einer Stundung der Schulden für sechs Jahre die Windkraft-Anlage wieder ans Laufen zu bekommen. Ab 2013 sollten jene 160 000 Euro in vier Raten zurückgezahlt werden, die die Stadtwerke nach dem in erster Instanz vor dem Landgericht Krefeld noch verlorenem Prozess an Umweltkontor hatten zahlen müssen. "Ohne Zinsen zu bekommen, hätten wir stunden sollen", betont Dieling.
Dabei habe man nichts gegen alternative Methoden zur Gewinnung von Strom, so die Stadtwerke-Spitze. "Wir sind keine regenerative-Energien-Verhinderer", formulierte es Wagner. Ganz im Gegenteil: "Wir arbeiten gerne mit Anbietern zusammen." Vor-aussetzung sei allerdings, dass "jeder seine Hausaufgaben macht". Das sei eben im Oirlicher Fall nicht geschehen.
Schon bei der Planung Mitte der 90er-Jahre waren Windkraft-Freunde und Stadtwerke immer wieder zusammengerasselt. Hauptstreitpunkte waren der Standort der Anlage und an welchem Punkt der Strom ins Netz eingespeist werden soll.
Rückblick: "Es gab viele Vorbehalte gegen uns. Es war alles sehr mühsam, fast alles ging über Rechtsanwälte", erinnert sich ein Nettetaler, der sich Mitte der 90er-Jahre beim Bau der Windkraft-Anlage in Oirlich finanziell engagiert hat. Seinen Namen will er lieber nicht in der Zeitung lesen, weil er mehr denn je Repressalien fürchtet - wie so manche andere der ehemaligen Kommanditisten auch.
Ausblick: Trotz des OLG-Urteils sei das Thema Windrad noch nicht beendet. Es gebe zwei Möglichkeiten, so der WZ-Gesprächspartner. Entweder die Anlage an anderer Stelle aufbauen oder am jetzigen Standort modernisieren und eine Leitung zum Anschlusspunkt der Stadtwerke legen. "Es gibt durchaus die Bereitschaft noch einmal zu investieren - wenn die Stadtwerke bereit sind zu kooperieren."