Nach dem Abitur in Kempen Als Handballtrainer nach Kenia
Kempen · Simon Gorholt hat nach dem Abitur in Kempen das Fernweh gepackt. Vorigen Sommer begab er sich auf die Reise in das ostafrikanische Land Kenia, wo der Spieler des TV Korschenbroich nun Kinder und Jugendliche in Handball unterrichtet.
Es ist schon ein ungewöhnlicher Weg, den Simon Gorholt eingeschlagen hat. Vergangenes Jahr hatte er in Kempen sein Abitur mit dem Schwerpunkt Sport absolviert. Kurz vor seinen Prüfungen machte er sich Gedanken, was darauf folgen sollte. „Ich hatte eigentlich gar keine richtige Idee“, betont der 20-Jährige. „Sofort in das Studium einzusteigen, war für mich keine Option. Ich hatte eine längere Auszeit ins Auge gefasst, zumal mich andere Länder und Kulturen sehr interessieren.“ Letztlich entschied er sich aufgrund seines sportlichen Werdegangs beim TV Korschenbroich dazu, Kindern und Jugendlichen in Kenia das Handballspielen beizubringen.
Seine Schwester Anna brachte ihn auf die Idee, sich bei „Weltwärts“ zu bewerben, ein staatliches Entwicklungsprogramm, bei dem sich junge Menschen für einjähriges internationales Projekt engagieren können. „Das ist eine relativ junge Organisation, und Anna hat das auch schon gemacht“, berichtet Gorholt. Seine Schwester arbeitete 2017 bei einem Umweltprojekt in Tansania. Auch wenn Simon Gorholt mit seiner Bewerbung spät dran war, wurde er genommen und entschied sich für „Play Handball“ in Kenia. Schließlich ist er seit dem sechsten Lebensjahr als Spieler beim TVK aktiv und hat dort auch schon Jugendmannschaften trainiert.
Ende Juli ging es dann für zwölf Tage nach Kiel zu einem Vorbereitungsseminar. Danach musste er sich um ein Visum kümmern. Am 30. September flog Simon Gorholt nach Nairobi, die Hauptstadt Kenias, wo er eine gute Stunde entfernt bei einer Gastfamilie untergebracht ist. Ohne größere Eingewöhnungsphase ging es direkt los. Der ehemalige Kempener Schüler unterrichtet Handball an fünf verschiedenen Schulen. Allerdings darf man nicht glauben, dass die Einheiten dort in einer Sporthalle stattfinden. Handball wird im Freien gespielt, auf einem harten, eher lehmigen Untergrund. „Es ist jeden Tag eine neue Herausforderung, weil man nicht genau weiß, wie viele Personen denn teilnehmen, da der Unterricht auf freiwilliger Basis stattfindet“, berichtet Gorholt. „So kann es sein, dass auch ein Training mangels Interesse ausfällt. Es ist aber auch möglich, dass der Platz nicht bespielbar ist, wenn er beispielsweise in der Regenzeit völlig verschlammt ist.“
Nach dem Frühstück geht es mit dem Rad 30 Minuten zur Zentrale
Von montags bis freitags ist der Tagesablauf zumeist sehr identisch. Nach dem Frühstück geht es mit dem Fahrrad ungefähr 30 Minuten zur Zentrale der freiwilligen Helfer. Dort wird zunächst einmal ein Programm ausgearbeitet. „Wir wollen das Training abwechslungsreich gestalten. Außerdem gibt es in den Gruppen auch die verschiedensten Leistungsniveaus“, sagt Gorholt, der gleichzeitig aber auch überrascht war, wie weit manche Gruppen schon sind. Denn zwischen 2019 und 2020 gab es schon einmal einen freiwilligen Helfer für Handball, der seine Arbeit wegen Corona aber vorzeitig abbrechen musste. Im traditionellen Läuferland Kenia gibt es gerade in der Nähe der Großstädte Bemühungen, die großen Mannschaftssportarten wie eben Handball für viele interessant zu machen.
Sind Gorholts Vorbereitungen abgeschlossen, müssen noch Berichte geschrieben werden. Zwischen 15 und 16 Uhr beginnt der eigentliche Job an den Schulen, der ungefähr 90 bis 120 Minuten dauert. Danach geht es zurück zur Gastfamilie. „Ich muss mich schon sehr beeilen, denn meine Gasteltern machen sich Sorgen, wenn ich zu spät nach Hause komme“, erzählt Gorholt. „Die Gegend ist zwar nicht ganz ungefährlich, aber bis heute ist mir noch nichts passiert.“
Jeder fängt sich mal
eine Lebensmittelvergiftung
Die Gastfamilie ist katholisch und sehr religiös. „Es wird jeden Tag gebetet, und das kann schon mal 45 Minuten dauern. Das ist mir manchmal zu lange, und dann ziehe ich mich zurück.“ Bei den Mahlzeiten kommt er auch in Kontakt zur kenianischen Küche. „Zweimal bin ich bereits an einer Lebensmittelvergiftung erkrankt“, sagt er. „Beim ersten Mal lag ich eine Woche flach, beim zweiten Mal ging es mir nach 24 Stunden schon besser. Hier muss wirklich alles abgekocht werden. Trotzdem erwischt es jeden einmal.“
Eine besondere kulinarische Erfahrung machte Gorholt zu Weihnachten. Die ganze Familie kam zusammen, es waren ungefähr 25 Personen. Da wurde ein Ziegenbock geschlachtet. „Als die Mahlzeit auf den Tisch kam, drängten mich alle, den Hoden zu essen, was dort eine Spezialität ist. Nach längerer Überwindung habe ich es dann auch probiert, allerdings war es überhaupt nicht mein Geschmack.“
An den Wochenenden genießt Gorholt seine freie Zeit. Meistens ist er in der Zentrale, wo er sich mit anderen Freiwilligen trifft. Mit Kollegen hat er auch Nairobi besucht, und auch eine Fahrradtour über 80 Kilometer stand auch schon auf dem Programm. Jetzt hofft er noch auf einen Besuch seines besten Freundes und seiner Geschwister aus Deutschland. „Dann werde ich versuchen, mir eine Woche Urlaub zu nehmen“, sagt Gorholt, der von den Einheimischen „Mzungu“ genannt wird, was so viel wie weißer Mann bedeutet. „Wir werden uns ein Auto mieten, damit ich Kenia besser kennenlerne.“
Bis zum 22. August betreut er noch das Handball-Projekt, ehe es wieder in die Heimat geht. „Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich noch einmal hierhin zurückkommen werde“, betont Gorholt „Kenia ist ein tolles Land, die Menschen sind unheimlich freundlich. Ich möchte noch mehr vom Land sehen, denn bis jetzt habe ich noch keine Minute bereut.“